cf: Gang vor dem Raum der Wünsche - 7. Stock

Nathaniel trat mit angespannter Haltung in den Raum, doch als die Tür hinter ihm und Joyce ins Schloss fiel, hörte er das schon kaum noch, weil er viel zu sehr von dem Anblick gefangengenommen wurde, der sich ihm bot. Eigentlich war es kein spektakuläres Bild - sondern einfach nur die vertraute Bibliothek des Schlosses, in dem er aufgewachsen war. Aber gerade das machte den Raum zu etwas Besonderem. Es war, als wäre er wirklich in Rumänien! Fahles Mondlicht fiel in die dunkle Bibliothek, an die er gedacht hatte. Die fast raumhohen Fenster ließen fiel Licht ein, denn die schweren Vorhänge, deren grün-goldene Farbe man jetzt nur erahnen konnte, waren zurückgezogen. Links von ihm verloren massive, schwere Bücherregale in die Dunkelheit, doch rechts von ihm prasselte ein Feuer im Kamin und vor diesem Kamin lud eine Sitzgruppe dazu ein, die Wärme zu genießen, die der Kamin bot. Benommen bemerkte Nathaniel, das auf dem Sofa sogar die graue Wolldecke lag, in die er sich als Kind gern gehüllt hatte. In den letzten paar Jahren war sie in irgendeinem Schrank verstaubt, aber nicht in diesem Raum.
Nathaniels Griff um Joyce' Arm verfestigte sich leicht. Er war froh, dass sie hier war. Die Gryffindor war das einzige hier, das ihn daran erinnerte, dass seine Mutter nicht gleich hinter dem nächsten Regal hervorkommen würde, ein Buch in der Hand und ein Lächeln auf den Lippen.
"Das ... ist die Bibliothek meiner Familie", brachte er schließlich heraus.

cf. 7. Stock ~ Gang vor dem RdW

Neugierig sah Joyce sich um, nachdem Nathaniel sie in den Raum geführt hatte, den er sich gewünscht hatte. Es war eine schier riesenhafte Bibliothek, dunkel und eindrucksvoll, aber auf ihre Art einfach nur faszinierend. Joyce' Augen leuchteten leicht auf, während sie im Raum umher glitten. Sie kam erst aus dem Staunen wieder heraus, als Nates Griff um ihren Arm sich verstärkte. "Alles okay?", erkundigte sie sich behutsam und warf ihm einen fragenden Blick zu, ehe sich ihre Augen leicht weiteten, als er preis gab, was für ein Raum das war. Das war...ein ganz schön privater Raum und irgendwie freute es sie, dass er es ihr zeigte.

Nathaniel lächelte schwach, als Joyce fragte, ob alles okay war. Natürlich war alles okay, es war ja nur sein Zuhause. Er sah es in den Ferien, jedes Mal. Trotzdem schnürte es ihm jetzt die Kehle zu und es war ungewohnt, hier mit jemand anderem als seinen Großvater oder seiner Mutter zu stehen. Sein Blick glitt unwillkürlich zu den Schatten, doch Denisa würde hier nicht sein. Das hier war nicht wirklich sein Heim. Nur eine Nachbildung.
"Setzen wir uns?", schlug er vor und deutete zum Kamin. "Ich sitze hier ziemlich oft, wenn ich zu Hause bin." Für einen kurzen Moment starrte er die graue Decke an, dann schüttelte er den Kopf und führte Joyce zum Sofa.

"Gern", erwiderte Joyce warm lächelnd. Sein Lächeln sah nicht wirklich echt aus, aber vermutlich war er nur überwältigt, das passierte oft, wenn man den Raum hier zum ersten Mal betrat. Sie ließ sich von Nate zum Kamin führen und nahm auf dem bequemen Sofa Platz, warf noch einmal einen Blick durch ihre Umgebung und ließ die eindrucksvolle Atmosphäre auf sich wirkend, ehe sie sich wieder auf Nate konzentrierte. "Dieser Raum ist beeindruckend", stellte sie fest und ihr Lächeln wurde noch eine Spur breiter.

Nathaniel bot Joyce den Platz auf dem Sofa an und wartete ab, bis sie sich setzte. Dann ließ er sich selbst mit etwas Abstand zu ihr auf dem Sofa nieder und schaute sich selbst um. Er hatte nicht daran gedacht, dass Joyce nicht wusste, aus welcher Art von Familie er kam. Aber er wusste ja auch nichts über ihre.
"Ja, das ist er. Ich mochte diesen Raum immer am liebsten." Nathaniel lehnte sich zurück und lächelte Joyce schon etwas entspannter an. "Wir sind in einem alten Schloss. Meine Urahnen haben es irgendwann mal aufgebaut und mein Großvater wäre nicht begeistert, wenn er wüsste, dass mir gerade nicht mehr einfällt, welcher meiner Vorfahren es genau war." Normalerweise brauchte er dieses Wissen nicht, denn er redete nicht oft über seine Familie. Aber er saß mit Joyce in 'seiner' Bibliothek und es schien richtig zu sein.

"Dann ist deine Familie eine der alteingesessenen Familien in Rumänien, nehme ich an?", hakte Joyce noch immer lächelnd nach, nachdem sie seinen Worten aufmerksam gefolgt war. Für den Moment waren ihre Sorgen vergessen und sie genoss die dunkle und gleichzeitig beruhigende Atmosphäre hier. So war es leichter, sich vorzustellen, dass es gerade eine ganz andere Realität gab. Und sie freute sich, dass Nathaniel ihr etwas über sich preis gab, diese Augenblicke waren schließlich sehr rar gesät.

Nathaniel nickte bedächtig. "Wir sind eine der ältesten Familien in Rumänien. Nicht ganz ohne Einfluss von Nicht-Reinblütern zugegebenermaßen, doch im Allgemeinen wurde darauf geachtet, unsere Blutlinie reinzuhalten. Aber keine Sorge, ich bin kein fanatisch erzogener Traditionalist." Dass solche Schüler gerade von Gryffindors eher skeptisch betrachtet worden, hatte Nathaniel schon bemerkt. Und er wollte nicht, dass Joyce etwas Falsches von ihm dachte.
Seine Hand glitt unbewusst über die graue Decke neben ihm. Wo sie wohl im tatsächlichen Schloss gerade herumlag?
"Was ist mit dir?", hakte Nathaniel nach und schaute Joyce aufmerksam an.

Joyce nahm seine Worte in sich auf und schmunzelte bei seiner Versicherung leicht. "Freut mich zu hören, wenn ich ehrlich bin", sie zwinkerte ihm zu und folgte dann unwillkürlich seiner Handbewegung mit den Augen. "Hat es mit dieser Decke eine besondere Bewandnis?", erkundigte sie sich neugierig. "Wenn es eine zu persönliche Frage ist, musst du sie natürlich nicht beantworten", fügte sie dann leicht verlegen hinzu und fuhr sich mit einer Hand durch die offenen Haare. Bei seiner Frage zuckte sie leicht mit den Schultern. "Unser auch bereits sehr altes Familienanwesen wurde zum Flüchtlingslager umfunktioniert für alle Zauberer der Gegend, als der Krieg ausbrach, weil es mit den besten Schutzzaubern der Gegend gesichert ist. Aber der eigentliche Stamm unserer Familie ist reinblütig, mein Stammbaum also eigentlich makellos, von gelegentlichen Einflüssen mal abgesehen und ich wurde im Sinne der Toleranz aller Menschen erzogen", erklärte sie leichthin.

Nathaniels Mundwinkel hoben sich von selbst, doch als Joyce nach der Decke fragte, runzelte er die Stirn und zog seine Hand zurück. "Nichts ... Wichtiges. Sie liegt einfach eigentlich seit Jahren nicht mehr an diesem Platz und ich habe mich gefragt, warum sie hier aufgetaucht ist." Vielleicht, weil er vorhin an seine Mutter gedacht hatte und die Zeit, als er sich noch häufig in diese Decke gekuschelt hatte?
"Oh, aber du weißt doch sicher selbst, dass ich schon schweige, wenn ich nicht reden will." Sein Lächeln erschien wieder und wurde entwaffnend. Nathaniel beobachtete Joyce aus den Augenwinkeln. Sie schien verlegen zu sein. Das schien er häufig zu schaffen und er wusste nicht, ob er das gut oder schlecht finden sollte. Er wollte nicht, dass Joyce sich in seiner Nähe unwohl fühlte, aber andererseits sah sie hübsch aus, wenn sie verlegen war. Ein wenig verletzlicher als sonst.
"Also eine ähnliche Familie wie meine", schloss Nathaniel. Er war froh, dass seine Familie vom Krieg verschont geblieben war ... zumindest davon. "Es ist nett von deiner Familie, Flüchtlinge auf das Gelände zu lassen."

"Ja, das weiß ich in der Tat", gab sie zu und wieder erwiderte sie sein Lächeln, ohne weiter darüber nachzudenken. "Und deine Handbewegung sah einfach so...bedeutsam aus, deswegen hab ich nachgefragt", fügte sie erklärend hinzu, ließ das Thema dann wieder fallen. Sie wusste nicht, warum er sie öfter so verlegen machte, dachte aber auch nicht weiter darüber nach. Es passierte einfach und dennoch fühlte sie sich recht wohl in seiner Gegenwart.
"Ja, unsere Familien ähneln sich tatsächlich", ihr Lächeln wurde noch eine Spur wärmer. Zu seinen letzten Worten nickte sie zustimmend. "Meine Mum hat in einer Bar gearbeitet, die von einer Bombe zerstört worden ist und dann war ihr Kampfgeist geweckt, weil sie nur knapp mit dem Leben davon gekommen ist, deswegen öffnete sie unser Haus für die Flüchtlinge, die ihre Heimat verloren." Für Joyce war einfach nur wichtig, dass ihre Mutter lebte.

Nathaniel schaute verwundert auf die Decke. Bedeutsam. War sie das gewesen? "Ich verbinde ein paar Erinnerungen damit, ja", gab er vage zurück und lehnte sich dann an die Sofalehne. Hier fiel es ihm leichter zu entspannen als in Hogwarts, auch wenn es immer noch etwas ungewohnt war, in dieser Umgebung zu sein und Joyce neben sich sitzen zu haben.
Er drehte ihr den Kopf zu und schmunzelte leicht, als er ihr warmes Lächeln sah. Das Lächeln verschwand allerdings, als sie von der Bombe erzählte. Ihre Mutter schien Glück gehabt zu haben.
"Mein Großvater verlässt kaum unser Anwesen und meine Mutter ... sie lebt nicht nahe der Muggelwelt. Deshalb musste ich mir um meine Familie keine großen Sorgen machen." Zumindest nicht, was Bomben betraf. "Deine Mutter klingt nach einer weiteren Gryffindor", stellte Nathaniel dann mit einem Hauch Belustigung in der Stimme fest.

Joyce lächelte nur bei seiner vagen Antwort zu der Decke, hakte aber nicht weiter nach, sie wollte nicht zu sehr in ihn dringen. Sie folgte seinem Beispiel und lehnte sich ebenfalls auf dem bequemen Sofa zurück.
Sie hörte ihm aufmerksam zu, als er von seiner Familie erzählte. Direkte Sorgen machte sie sich um ihre Eltern aber auch nicht mehr, seitdem diese aufgehört hatten, in der Muggelwelt zu arbeiten. Auf ihrem Anwesen waren sie in Sicherheit - sie und auch all die anderen.
Zu seinen nächsten Worten nickte sie frech grinsend. "Während meine Großeltern noch beide in Slytherin waren, waren meine Eltern ebenso stolze Gryffindors wie ich."