Auf Dions Gesicht erschien ein schmales Lächeln. "Immerhin hast du noch etwas Zeit." Er würde dieses Jahr seine UTZ's absolvieren müssen und er freute sich kein bisschen darauf. Das lag aber nicht nur an den Prüfungen. Es lag auch an dem, was danach kam. Seine Pflichten als Sohn des Außenministers. Seine Pflichten als Zabini-Erbe und Verlobter.
"Freiheit", wiederholte Dion langsam. Wie passend zu seinen Gedanken. "Naja, da hast du wohl bessere Chancen als ich." Dion trank noch einen Schluck und lehnte sich zurück. Das Wispern um ihn herum war lauter geworden, denn mit der Nacht kam jede zwielichtige Gestalt aus den Schatten gekrochen, um ein bisschen abgestandene Kneipenluft zu schnuppern.
Als Jenifer ihn auf die Kette ansprach, nickte Dion. "Ein Geschenk?", fragte er mit eher mäßigem Interesse nach. Er war ein Mann. Schmuck war nicht wirklich sein favorisiertes Thema.

Dion zuckte mit den Schultern. "Danke, aber ich mach mir um die UTZ's weniger Sorgen." Immerhin konnte er lesen und es gab Bücher, die den Unterrichtsstoff behandelten. Zum Glück gehörte er auch nicht zu der hoffnungslosen Sorte unbegabter Schüler, die für jeden Zauber praktische Anleitung brauchten. Das hatten die Tutoren seines Vaters ihm schon lang vor seiner Schulzeit ausgetrieben.
"Weil ich ein Reinblut bin. Du kommst aus Durmstrang, du weißt bestimmt sehr gut, was es heißt, zu einer netten, alten Reinblutfamilie zu gehören. Du musst doch mit Familien wie den Kosavas zur Schule gegangen sein, oder?" Ein schiefes Lächeln umspielte Dions Lippen. "Wir haben fast alles im Überfluss, aber bestimmt keine Freiheit." Nur die Freiheit, ihre Kinder genauso einzuengen, wie ihre Eltern es getan hatten.
Jenifers Blick glitt durch die Kneipe. Er konnte nicht genau einschätzen, ob sie sich unter den düsteren Gestalten um sie herum unwohl fühlte. "Angst?", fragte er daher im betont leichten Tonfall nach und bedachte die Menge um ihn herum mit einem leicht herablassenden Blick. Hier war niemand, der ein ernsthaftes Problem darstellen würde. Nur Gesetzesbrecher und Ausgestoßene. Personen, die der falschen Rasse angehörten, die falschen Dinge mochten oder die falschen Entscheidungen getroffen hatten.
"Verstehe", murmelte Dion zum Thema Luca. Sie trug das Geschenk des Jungen also immer mit sich herum? Ob Rachel das auch tat? Oder hatte sie seine Geschenke so weit es ging aus ihrer Reichweite verbannt, vielleicht sogar zerstört?
Als Jenifer fragte, ob er eine Beziehung hatte, lachte er trocken auf. "Das ist eine wirklich gute Frage. Was verstehst du denn darunter?"

"Hat sich nicht viel geändert, oder?", fragte Dion trocken nach und trank den Rest seines Feuerwhiskeys in einem Zug aus. Schon ein bisschen besser. Wieder schnippte Dion mit den Fingern und die Kellnerin nickte ihm nur zu, ehe sie zur Bar ging und sich um ein paar weitere Gläser Feuerwhiskey bemühte.
"Die Personen hier haben zum Teil sehr gute Ohren, also beleidige sie besser nicht zu sehr." Dion war sich ganz sicher, dass ein älterer, bärtiger Mann mit unzähligen Narben im Gesicht nach ihnen schnüffelte. Seine Nasenflügel bebten und die rot geränderten Augen hatten sich zu Schlitzen verengt, als Jenifer geredet hatte. Werwolf, Vampir oder Wendigo, dachte Dion. Er tippte auf eine der letzten beiden Rassen. Irgendwie wirkte der Mann zottig.
Als Jenifer ihre Definition einer Beziehung preisgab, lächelte Dion bitter. "Dann habe ich keine. Wäre auch ein bisschen naiv vor mir, darauf zu warten. Jemanden zu finden, den man liebt, ist für ein Reinblut aus einer traditionellen Familie der sicherste Weg zu sehr viel Kummer." Er musste es wissen. "Aber das müsstest du wissen. In Durmstrang gibt es ein paar mehr dieser Familien als hier."

Die Kellnerin brachte Dions Feuerwhiskey und er nickte ihr kurz zu, ehe er sich wieder seiner Mitschülerin zuwandte. Sie winkte gerade dem Werwolf oder Wendigo zu. Dion grinste belustigt und überzeugte sich kurz davon, dass der Gast des Eberkopfs daran nicht zuviel Anstoß nahm. Doch sollte er sich über Jenifers Winken ärgern, gab er das nicht allzu aggressiv Preis. Der etwas schmuddelig wirkende Mann schaute sie einfach nur finster an und senkte seinen Blick dann wieder auf den riesigen Krug in seinen Pranken.
"Aw, er mag dich", wisperte Dion spöttisch und unterdrückte mit Mühe ein lauteres Lachen.
Das machte Jenifer ihm gleich leichter, als sie fragte, ob er eine Freundin hatte. "Nein", war Dions knappe Antwort. "Ich habe eine Verlobte, aber keine Freundin."
Jetzt bestellte auch Jenifer ihren nächsten Feuerwhiskey, während Dion bereits von seinem dritten Glas trank. Das leichte Brennen in seiner Kehle war inzwischen ganz verschwunden und er fühlte sich so gut gewärmt als würde er vor einem Feuer im Gemeinschaftsraum sitzen.

Dion grinste und zwinkerte Jenifer zu. "Lass dich nicht aufhalten, wenn du es ausprobieren willst. Vielleicht findet er ja auch, dass du nett bist ... oder nett riechst." Schnell trank Dion noch einen Schluck von seinem Feuerwhiskey. Es war nicht ganz schlau hier über einen anderen Gast zu scherzen, aber irgendeine Wirkung musste der Feuerwhiskey ja haben. Er machte ihn auf jedenfall ein wenig unvorsichtig. Zum Glück schien der Alkohol den bärtigen Gast entweder taub oder sehr träge zu machen, jedenfalls reagierte er nicht mehr, sondern trank nur aus seinem Krug.
Die Reaktion der Slytherin auf seine Antwort entlockte Dion ein Grinsen. "Wie immer, würde ich sagen. Willkommen in Slytherin übrigens, dem Haus in dem fast jeder zweite Schüler in einer arrangierten Ehe landet."

Dion starrte ungläubig Jenifer hinterher, die nun tatsächlich auf das schmuddelig wirkende Hündchen zugehen. Offenbar wirkte der Feuerwhiskey bei ihr noch etwas besser als bei ihm. Oder sie gehörte wirklich nach Gryffindor. Er tastete nach seinem Zauberstab und zog ihn unauffällig heraus. Die Spitze zeigte nun, verborgen unter seinem Umhang, auf den Gast, den Jenifer ansprach.
Doch der alte Mann war nicht dumm. Er wusste, wo er war, und dass er rausgeworfen werden würde, wenn es hier Ärger gab. Er schickte Jenifer einfach wieder weg und sie kehrte zurück an den Tisch.
"Sei froh, dass er dich nicht mag", kommentierte Dion trocken. "Wenn er dich zum Fressen gern hätte, müsste ich heute Nacht noch dem Schulpersonal erklären, warum sie eine Vertrauensschülerin ersetzen müssen, ehe das Schuljahr wirklich angefangen hat."

Dions Augenbrauen wanderten in die Höhe. Missverstandene Menschen? "Vielleicht solltest du nichts mehr trinken, ehe du noch allen Gästen Umarmungen anbietest", schlug er amüsiert vor. Zum Thema Teddybären sagte er lieber nichts, sondern nahm einen kräftigen Schluck von seinem Feuerwhiskey. Dabei warf er einen möglichst beiläufigen Blick auf den Mann, über den sie sprachen. Teddybär? Nicht wirklich. Eher Grizzly. Ein knurrender Grizzly. Dion war sich ziemlich sicher, dass die Fingerknöchel des Mannes weiß hervortraten.
"Nett ist nicht unbedingt das, auf das die Kerlchen hier stehen. Vielleicht steht er nicht mal auf Menschen", versuchte Dion sie aufzumuntern. "Außerdem hast du schon eine Begleitung und ich spiele nicht die Anstandsdame, weil du heute Abend deine seltsamen Neigungen entdeckst."