cf: Zeitsprung

Freistunden waren schon was cooles. Man konnte nach der Schule alle Hausaufgaben erledigen und lernen. Aber man konnte es auch lassen, seine Sachen schnappen und schon vor dem eigentlichen Training ein bisschen die Flugsau rauslassen. Und eben das hatte Mara vor. Gut, sie war nicht nahtlos abgehauen, um sich in die Lüfte zu schwingen, sondern hatte noch ein wenig gefaulenzt, aber jetzt stand sie in Montur auf dem Feld, ihren Besen in der Hand und ihren Schläger in der anderen, den sie prüfend wog. Eine der kleinen, schwarzen Kugeln sauste schon über das Feld und Mara verfolgte sie mit dem Blick. Sie warf den Schläger ein bisschen in die Luft, das er sich einmal überschlug und schwang sich dann auf den Besen, um dem blöden Ball einen ordentlichen Schlag zu verpassen, der ihn über das Spielfeld, durch einen der Ringe schickte.

cf: Zeitsprung

Thyr mochte das warme Wetter. Und den Herbst. Wenn die Sonne schien und das Laub in gold-gelbe und rote Farbe getaucht war, dann konnte man leicht vergessen, was zwischen den farbenfrohen Blättern alles lauerte. Der Feenjunge mochte diese friedliche Stimmung und beschloss nach der letzten Unterrichtseinheit daher, einen Spaziergang zu unternehmen. Die Bibliothek konnte er langsam sowieso nicht mehr sehen.
Sein Weg führte ihn am Quidditchfeld vorbei, auf dem offenbar gerade jemand trainierte. Thyr verlangsamte seine Schritte, als er den dumpfen Schlag eines Schlägers auf einen Ball hörte und schaute zu den von hier aus sichtbaren Torringen. Durch einen davon flog gerade ein Ball. Zögernd blieb Thyr ganz stehen und warf einen ratlosen Blick zum Eingang des Quidditchfeldes. Bisher hatte er sich noch nicht auf einen Besen gewagt. Eigentlich seltsam, schließlich war er es sein ganzes Leben lang gewohnt gewesen, in der Luft zu sein. Aber dort hatten ihn normalerweise seine Flügel gehalten. Seine Flügel. Die Dinger, die fest an seinem Körper angewachsen waren. Nicht nur so ein Stück Holz, bei dem das eigene Leben davon abhing, dass man es bloß nicht los ließ.
Trotzdem war Thyr neugierig und beschloss, dass es nicht schaden konnte, einem Schüler mal beim Fliegen zuzuschauen. Er huschte in en Durchgang zum Quidditchfeld und schaute neugierig nach oben, sobald er auf dem Feld angekommen war. Wegen des Sonnenlichts schirmte er seine Augen mit einer Hand ab und suchte dann den Himmel nach dem Schüler ab, der gerade den Ball geschossen hatte. Thyr entdeckte ihn ziemlich schnell. Oder besser sie. War das etwa Mara? Die Augen des Hufflepuffs wurden größer und nach kurzem Zögern winkte er der Halbbanshee zu.

Der Klatscher jagte wieder auf Mara zu, doch sie schmetterte ihm routiniert den Schläger entgegen und schoss ihn in Richtung der Slytherintribune. Schade das Flocki nicht da war, um als Ziel herzuhalten. Aber eigentlich war das ein Plan. Einer, der Mara irgendwie gefiel.
Eine Bewegung unten auf dem Feld erregte ihre Aufmerksamkeit und ihre Eingeweide fühlten sich plötzlich wie beim Sturzflug. Jade und dieser blöde Liebesbrief. Argh. Und jetzt hatte sie auch noch ein großes Geheimnis gemacht, was sie mit Tyhr gemacht hatte. Alles okay. Sei ganz natürlich. Alles so wie immer. Thyr hat keinen Liebesbrief gesehen. Gar keinen. Verhalt dich natürlich, ganz natürlich. UND WEICH DEM KLATSCHER AUS! Sie duckte sich gerade noch rechtzeitig und der Ball jagte an ihr vorbei. Sie flog tiefer und sprang von ihrem Besen. Der Klatscher kam erneut und sie pfefferte ihn mit einem unsanften Schlag von oben in Richtung Boden, wo er in der Erde stecken blieb, und Mara die Chance gab, den Fuß daraufzustellen, damit er nicht weiterflog. Das sah bestimmt cool aus, wie sie da stand. Jetzt ganz natürlich bleiben. "Hewigetsdir?", nuschelte sie. Verdammt! Einfach weiter lächeln. Das war Absicht.

Thyrs Augen wurden größer. Das, was Mara da oben in der Luft tat, sah gefährlich aus. Und damit meinte er nicht mal die Tatsache, dass sie sich nur an einem dünnen Holzstück festhielt - nicht mal das tat sie mit beiden Händen! -, sondern dass sie sich mit einem Ball anlegte, der mit gefährlich hohem Tempo auf sie zuschoss. Was. Tat. Sie. Da? Zum Glück gerade noch rechtzeitig ausweichen, bevor das dumme Ding sie treffen konnte. "MARA!", rief er erschrocken.
Die Gryffindor landete in seiner Nähe und kümmerte sich erst einmal um den gemeingefährlichen Ball. Leider blieb sie am Ende einfach mit einem Fuß auf ihm stehen. Thyr wäre es lieber gewesen, wenn etwas mehr Abstand zwischen ihr und diesem Ding gewesen wäre, aber ehe er Mara darum bitten konnte, sprach sie auch schon. Mit ihm, vermutete er. Thyr runzelte die Stirn. "Wer ist Hewig? Alles in Ordnung mit dir?" Der Feenjunge machte einen Schritt auf Mara zu, blieb dann aber doch lieber stehen. Erstens war da noch der Ball unter ihrem Fuß und dann wusste er nicht ganz, was er sagen sollte. Das Gespräch mit Jade war ein paar Tage her, war aber ein wenig ... verwirrend gewesen. Und die Gryffindor hatte ihn vorgewarnt, dass Mara bei ihrem nächsten Treffen vielleicht ein bisschen komisch sein könnte. Wenigstens rannte sie nicht weg. Jade hatte gesagt, dass das durchaus passieren könnte.

Der Klatscher zappelte unter ihrem Fuß und Mara trat ein bisschen energischer auf ihn, damit er sich nicht befreite. Reine Routine, wenn man sich oft genug von den Dingern beballern ließ. Sie warf ihren Schläger erneut in die Luft, fing ihn nach einer Drehung und warf dem Klatscher einen drohenden Blick zu. Das war leichter als Thyr anzusehen und nicht rot zu werden. Das letzte Mal hatte sie auf seinem Schoss gesessen. Mit einer Suppenterrine auf dem Kopf. Und dann noch Jade mit ihren Anspielungen. Und jetzt ihr Genuschel. Brillant Mara. Sie benahm sich gerade preisverdächtig. Preisverdächtig dämlich.
Sie zwang sich zu einem Grinsen. Thyr schien ein wenig unwohl wegen dem Klatscher zu sein, aber der war ja sicher verstaut. "Ich meinte, 'He wie geht's dir"! Mir geht's super. Quidditch ist toll und nachher Training. Da freu ich mich schon die ganze Zeit drauf", plapperte sie schnell herunter. "Außerdem schöne Grüße von Jade, bevor ichs vergesse." Hoffentlich erstickte das den Patzer mit dem Nuscheln. "Aber Kerl, wo bleibt meine Umarmung?" Sie breitete grinsend die Arme aus. "Du kannst mich doch einfach so warten lassen!"

Thyr blieb einfach hilflos mitten auf dem Quidditchfeld stehen und schaute Mara bei ihrem Treiben zu. Ab und an warf er dem Ball unter ihrem Fuß einen misstrauischen Blick zu, aber hauptsächlich beobachtete er Mara und überlegte, was er sagen sollte. Er sollte sie wegen eines Briefes fragen, hatte Jade gesagt. Was für ein Brief? War Maras Familie etwas passiert? Hatte er sie deshalb die ganze Woche nicht wirklich gesehen?
"Ah ... Training ... auf Besen, ja?" Und etwa auch mit diesem wildgewordenen Ball? "Und mir gehts ... gut. Glaube ich." Eigentlich war Thyr ein bisschen nervös. Morgen war diese Schulparty, auf die er gehen wollte und eigentlich hätte der Hufflepuff Mara gern gefragt, ob sie gemeinsam hingingen, aber irgendwie traute er sich nicht zu fragen.
Als Mara Jade erwähnte, lächelte Thyr etwas verlegen und schaute auf seine Füße. "Danke ..." Das war eigentlich der perfekte Moment, um nach dem Brief zu fragen, den Jade erwähnt hatte. Aber Thyr konnte sich erst dazu aufraffen, Mara nach ihrer Umarmung fragte. Eigentlich hätte der Feenjunge nichts lieber gemacht, als die Gryffindor zu umarmen, aber da war noch dieser dumme Ball ... Thyr zögerte kurz, dann ging er auf Mara zu, ignorierte das dumme Ding unter ihrem Fuß und legte vorsichtig seine Arme um sie. "Tut mir leid. Aber ich kann dich ja extra lang umarmen, weil du so lang warten musstest."

Mara nickte grinsend. "Klar auf Besen. Worauf denn sonst? Quidditchtraining eben.", erklärte sie Achselzuckend. Sie warf ihren Schläger erneut in die Luft. "Ich bin Treiberin im Schulteam. Und wieso glaubst du, dass es dir gut geht? Solltest du das nicht eigentlich wissen?", fragte Mara lachend. Der Klatscher zappelte fröhlich und Hilflos weiter und Mara begann zu summen. Warum war sie eigentlich sogar noch viel besser gelaunt, seit Thyr da war. Währenddessen hatte sie aber immer noch dieses Fallgefühl. Vor allem, seit er sie in den Arm genommen hatte. "Ich bin voll für extralang!", grinste Mara und war froh, dass sie ihre geröteten Wangen verstecken konnte, als sie in den Arm genommen wurde und die Umarmung erwiderte.

"Ja ... ja klar, Quidditch eben", echote Thyr etwas abwesend. Besen und seltsame Bälle waren nicht mehr ganz so interessant, wenn er Mara gerade im Arm hielt. "Ja, sollte ich bestimmt. Mir geht's gut", versicherte Thyr und grinste leicht auf Mara hinab. Offenbar hatte er die Erlaubnis, hier noch eine Weile so mit Mara herumzustehen und sie zu umarmen, also ging es ihm gerade wirklich gut. Thyr umarmte die Gryffindor ein bisschen fester und sammelte seine Courage. Gerade schien es nicht mehr ganz so schwer zu sein, Mara wegen der Party zu fragen. Bestimmt würde sie ja sagen, oder? Sie stand hier und umarmte ihn, also mochte sie ihn und verbrachte gern Zeit mit ihm , oder? Und den komischen Brief musste er auch noch ansprechen.
"Mara?", murmelte er leise und streichelte vorsichtig über ihren Rücken, um ihre Aufmerksamkeit zu kriegen. "Hast du schon von er Party gehört?"

"Jup, Quidditch. Magst du nachher beim Training zuschaun?" Das würde sie freuen, aber irgendwie traute sie sich nicht das laut zu sagen. Himmel sie, Mara Chulainn, traute sich nicht etwas zu sagen? Was war mit ihr los? Sie plapperte doch sonst wie auf Veritaserum. "Schön das zu hören." Sie wurde scheinbar heute nicht mehr losgelassen. Nicht, dass sie damit ein Problem hatte. Der Klatscher hatte eines, aber der hatte nichts zu sagen.
"Von der Party? Naja, schon. Aber das ist son Minirock, wir sind alle hübsch und funkelig Ding. Bist du sicher, das ich dahin passe mit meinen Stiefeln und Nieten? Wieso fragst du?"

Beim Training zuschauen? Thyr wusste nicht, ob das so eine tolle Idee war. Wahrscheinlich würde er sich die Hälfte der Zeit am liebsten hinter etwas ducken oder Mara vom Quidditchfeld schleifen wollen, weil diese doofen schwarzen Bälle gefährlich aussahen und Mara sich genau um diese Bälle kümmern musste, wenn er sich richtig an die Aufgabe des Treibers erinnerte. "Darf ich das denn? Ich bin kein Gryffindor", erinnerte er Mara zögernd.
Thyr ließ die Schultern hängen, als Mara sich so wenig begeistert über die Party äußerte. Schade, er wäre gern mit ihr hingegangen, aber wenn sie keine Lust hatte ... "Auf einer Party geht es doch einfach nur darum, hübsch auszusehen, oder? Hübsch bist du alle mal, also passt du dahin", schloss der Hufflepuff trotzdem. Ob das für einen Menschen ein sonderlich logischer Schluss war, war ihm egal. Für Thyr war es einer. Maras letzte Frage ignorierte er einfach, weil er ihr jetzt schlecht noch sagen konnte, dass er gern mit ihr dahin gegangen wäre. Stattdessen lächelte Thyr nur verlegen und überlegte verzweifelt, wie er schnell das Thema wechseln könnte.

Mara zuckte mit den Achseln, auch wenn Thyr davon nicht viel sehen würde. Sie presste ihren Absatz stärker auf den meckernden Klatscher. Wenn das Drecksding jetzt den Moment kaputt machte, würde sie es persönlich zerfluchen. Um die Gefahr zu verringern presste sie den Klatscher also tiefer in den Boden. "Ich kann mal die liebe Jade fragen. Vielleicht legt sie ein gutes Wort für dich ein." Sie grinste zu dem Hufflepuff hinauf. "Fangen wir wieder mit den Komplimenten an? Das klingt ja fast, als würdest du mich da hinschleppen wollen." Hoffentlich. "Hab ichs dir so angetan, ja?"

Jade war auch im Quidditchteam? Ob er sie wegen des Briefs nochmal fragen sollte, ehe er Mara darauf ansprach? Wenn nun wirklich etwas Schlimmes passiert war, dann wollte er Mara doch nicht die Laune verderben, in dem er sie darauf ansprach. "Mach das. Ich würde dir jedenfalls gern zuschauen." Solang er die meiste Zeit die Augen fest zusammenpressen und 'sie wird bestimmt nicht von einem Ball vom Besen gehauen' murmeln konnte.
Thyr trat unruhig von einem Bein auf das andere. Mist, hatte es tatsächlich so geklungen? Dann war er ja besser mit seinem Ansatz gewesen, als er gedacht hatte. "Ich mache keine Komplimente, ich sage die Wahrheit", behauptete Thyr. Wahrscheinlich sollte er Mara irgendwann mal wieder loslassen, aber so fühlte er sich wohler, vor allem solang sie über die Party sprachen. "Naja, ich ... also vielleicht ... wenn du willst ... Ich hab halt von dieser Party gehört und ... Ist das Wetter nicht toll?" Nein, er bekam das definitiv nicht hin!

Mara grinste freudig. "Klasse! Dann lege ich mal ein gutes Wort beim Käptn für dich ein und hoffentlich macht Jade mit." Dem diebischen Spaß nach zu urteilen, den Jade momentan hatte, wenn Thyr ins Spiel kam, hoffte sie darauf, dass Jade sich nicht lange bitten ließ. Der Klatscher tat immer noch sein Bestes, die schöne Zweisamkeit kaputt machen zu wollen. Wie lange wollte Thyr sie eigentlich noch umarmen? Seltsame Situation.
Die Banshee verdrehte gutmütig die Augen. "Jaja, die Wahrheit. Es gibt bestimmt welche, die deiner Wahrheit widersprechen würden, du Chameur." Sie grinste mit geröteten Wangen zu ihm hoch. "Aber trotzdem danke. Und was heißt das jetzt?" Ihr Herz schlug ein paar Schläge schneller und sie ließ sich nicht vom Wetter ablenken. "Willst du jetzt mit mir dahin, oder nicht?"

Thyr nickte einfach nur. zum Thema Quidditch. Einfach Augen zu und sich sagen, dass alles gut werden würde. Erstmal hatte er andere Probleme. Die Party. Thyr hatte keine Ahnung von Menschenpartys und davon, wie man ein Mädchen einlud, erst recht nicht. Brauchte er eigentlich Blumen, wenn er mit Mara zur Party ging? Mist, Maras Lieblingsblumen waren alle nicht ganz ungefährlich zu besorgen und er hatte nur noch einen Tag! Ob es notfalls auch andere schöne Blumen taten?
"Wirklich? Die müssen aber ziemlich blind oder einfach nur gemein sein", wunderte sich Thyr und ließ seinen Blick noch einmal über Mara streifen. Nein, sie war hübsch. Nicht auf die langweilige, feeige Art, wie viele andere Mädchen. Aber hübsch. Und sie wollte nicht über das Wetter reden. Warum nicht? Das Wetter war ein tolles Thema! Es war sonnig und warm! So warm wie Thyrs Wangen gerade wurden. "Ich ... also eigentlich ... wollte ich ... ja?", brachte Thyr schließlich leise heraus und schaute Mara hoffnungsvoll an.