Natürlich? War das so selbstverständlich? Thyr schaute an sich herunter, aber nirgendwo konnte er ein Anzeichen für sein Haus erkennen. Nur eine durchnässte Jeans und ein ebenso durchnässtes T-Shirt. "Und in welchem Haus bist du?", fragte er nach, sobald er den Kopf wieder gehoben hatte.
Schade. Thyr hatte gehofft, sich nett mit dem Mädchen unterhalten zu können, aber sie fauchte ihn schon wieder an. Der Feenjunge zuckte zusammen und schaute seine neue Mitschülerin entrüstet an. "Aber ich versteh's nicht. Warum darfst du mich 'Kleiner' nennen, obwohl ich nicht mal klein bin, und ich darf dich nicht Zwerg nennen, obwohl du wirklich viel kleiner bist als ich." Menschen hatten eine wirklich komplizierte Logik. Wobei er letztens einen Jungen hatte sagen hören, dass Mädchen überhaupt keine Logik hatten. Vielleicht stimmte das ja. Andererseits war Mara auch ein Mädchen. Thyr verstand sie nicht immer, aber sie war viel netter und nicht so verwirrend wie Cara. Nur das mit dem Haarefärben konnte Cara besser. Jetzt hatte sie schon wieder eine andere Haarfarbe! Thyr starrte die nun braunen Locken verdutzt an.
Als das Mädchen nach Mara fragte, nickte Thyr eifrig und ein strahlendes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. "Das sagt sie jedenfalls und sie umarmt mich auch. Außerdem lacht sie die ganze Zeit, wenn ich in der Nähe bin, und ist total lieb und hübsch und ..." Was redete er da eigentlich? Klar war Mara toll, aber das ging Cara doch nichts an. Am Ende wollte sie mit ihrer großen Nadel, deren richtigen Namen Thyr schon wieder vergessen hatte, noch Mara pieksen! "Und du darfst ihr nicht weh tun!", erklärte der Feenjunge daher sehr ernsthaft und bewegte unwillkürlich wieder die Hand, die vorhin noch wehgetan hatte.
Wow, offenbar suchten Menschen wirklich nicht selbst die Namen für ihre Kinder aus. Das taten Sabberhexen! Ausgerechnet die?! "Oh ...", machte Thyr nur, weil ihm nichts Besseres einfiel. Musste er künftig auch behaupten, seinen Namen von einer Sabberhexe zu haben? Hoffentlich würde das seine Mutter dann nie hören, denn das würde sie ganz bestimmt falsch verstehen!
"Ähm ... also deine Sabberhexe hat dir einen ganz netten Namen gegeben, oder?" Verunsichert kratzte Thyr sich am Hinterkopf. "Warum sollte ich in Ohnmacht fallen, weil ich eine große Nadel halte?"

"In welchem Haus würdest du mich denn schätzen?", erwiderte Cara die Frage und sah mit einem abwartenden Lächeln zu Thyr. Wehe er würde jetzt Slytherin sagen. Sie wollte nicht, wie vorhin schon erwähnt, irgendwelche Vorurteile in die Welt setzen, aber bisher waren ihr nur Schüler dieses Hauses aufgefallen, die einen schlechten Eindruck versprühten. Dafür konnte sie nichts und gefallen lassen würde sie es sich erst recht nicht!
Okay Cara, ruhig Blut! Er ist sichtlich verwirrt, sei nicht zu streng mit ihm. "Hör mal, Thyr. Du bist groß, du bist sogar so groß wie ein Riese. Doch als ich dich 'Kleiner' meinte, meinte ich, wie du schon erwähntest 'Junger'. Du bist ein Jahr jünger als ich und für gewöhnlich nennt man jüngere Personen 'Kleiner'...", versuchte sie ihm irgendwie klar zu machen. Okay, vielleicht lag seine Logik ja auch einfach daran, dass er blond war. Keine Vorurteile, Cara!
Sie schnappte nach Luft. Hoffentlich würde er jetzt den Mund halten, was dieses Thema anging. Sonst würde sie wirklich nicht mehr nett sein.
Seinen verdutzten Blick bezüglich ihrer Haare entging ihr nicht und sie lächelte amüsiert. "Gefallen dir meine Haare?", fragte sie ihn und sah sich selbst ihre langen Locken an. Es machte unheimlichen Spaß, mit dieser Fähigkeit rum zu experimentieren! Sie sah wieder zu ihrem Gegenüber und musste ebenfalls grinsen. Da schien aber jemand auf Wolke Sieben zu schweben!
"Und?", hakte sie neugierig nach und erhob wie ertappt die Hände. "Alles klar, Boss. Mara bleibt unverletzt. Wenn Sie wünschen, schützte ich die Dame sogar." Sie zwinkerte ihm zu. Anscheinend hielt er Cara tatsächlich für eine... Mörderin klang übertrieben... aber so etwas in der Art würde es schon wohl sein.
"Ja, oh. Die traurige Wahrheit. Und dann wollte sie mich auch noch verspeisen! Kannst du dir das vorstellen?" Merlin, der glaubte das doch nicht wirklich oder? Sollte sie ihn wirklich weiter auf den Arm nehmen? Natürlich! Wenn sich ihr schon so eine Gelegenheit bot, würde sie diese auch nutzen! "Ja, ich bin mit ihm sehr zufrieden." Wobei die Bedeutung des Namen nicht wirklich passte. "Warum?", wiederholte Cara und lachte. "Weil du allein beim Anblick zu Boden fällst."

Thyr zuckte ratlos mit den Schultern. Er hatte Gerüchte über die Häuser gehört und welche Art von Mensch darin sein sollte. Aber es gab kein Haus für aggressive Schüler, wenn er sich nicht irrte. Oder? Ein Junge hatte doch erwähnt, dass die Gryffindor häufiger in Duelle und Rangeleien verwickelt waren, weil sie fast nie den Kürzeren ziehen wollten. Ihr Stolz stand ihnen angeblich im Weg. "Gryffindor?", fragte er daher hoffnungsvoll nach. Hoffentlich lag er nicht falsch und wenn doch, hoffentlich tat sie ihm dafür nicht wieder weh.
Tat sie nicht, stattdessen nannte sie ihn Riese. Thyr fragte sich, ob er sich freuen oder beleidigt sein sollte. Eigentlich freute es ihn, dass sie ihn als groß bezeichnete, aber sie war sehr wütend geworden, als er sie mit einem Zwerg verglichen hatte. Dabei gab es gar keine Zwerge, aber es gab echte Riesen und die waren nicht nett und noch wesentlich dümmer als es Feen nachgesagt wurde. Bezeichnete ihn Cara also gerade als dumm? Thyr schaute betreten zu Boden. Unter Feen war ihm das nie aufgefallen, aber mit den Menschen konnte er wirklich nicht mithalten, das hatte er schon bemerkt. Aber das mit dem Riesen war unfair. Die konnten kaum einen vollständigen Satz sprechen!
Thyr wagte es nicht mehr, etwas zu sagen, sondern nickte nur zu Caras Erklärung, den Blick immer noch auf den Boden gerichtet. Als sie nach ihren Haaren fragte, nickte er wieder. "Ja, sie können ihre Farbe ändern. Das hab ich noch nie gesehen." Ob das auch 'dumm' war, wenn er so etwas noch nie erlebt hatte?
Als Cara von Mara sprach, hob Thyr den Kopf allerdings wieder. Ob Mara ihn auch für dumm hielt? Der Gedanke machte Thyr traurig, aber wahrscheinlich war es so. "Sie ... sie kann glaube ich gut auf sich selbst aufpassen, aber danke." Seine Stimme klang ziemlich tonlos und er schaute schnell wieder auf den Boden.
Bei der erneuten Erwähnung von Sabberhexen erschauderte Thyr unwillkürlich. Eigentlich waren diese Wesen für Seinesgleichen nicht schlimm. Sie beachteten Feen nicht weiter. Aber so war es zwischen den Halbwesen, die zum Licht gehörten, und denen, die Ausgeburten der Dunkelheit waren. Sie mochten sich nicht. Sie hielten sich voneinander fern. Sofern sie voneinander wussten, dass sie existierten.
"Warum hat deine Mutter dich denn in der Nähe einer Sabberhexe auf die Welt gebracht? Konnte sie den Namen nicht per Eule schicken?" Ehe Thyr sich zurückhalten konnte, war die Frage draußen. Mist, dabei hatte er nichts mehr sagen wollen! Aber jetzt war es zu spät. Die Erwähnung der übergroßen Nadel brachte dem Gegenstand einen misstrauischen Blick von Thyr ein, aber dann schüttelte er trotzig den Kopf. Dumm und ängstlich? Nein, das reichte! "Ich bin gefallen, weil du deine Waffe einfach auf mich gerichtet hast!", verteidigte er sich.

Ein zufriedenes Lächeln erschien auf ihren Lippen. "Sehr gut! Du scheinst ja doch nicht so planlos zu sein, wie ich dachte.", lobte sie ihn mit einem Zwinkern. Ja, Gryffindor. Irgendwie fühlte sie sich toll in diesem Haus. Vielleicht lag es daran, dass es das coolste Haus von ganz Hogwarts war? Oder vielleicht daran, dass ihr egener Patronus zum Teil Löwe war, ganz wie das Wappentier ihres Hauses? Egal was es war. Es war gut so.
Sie bemerkte, dass Thyr nicht gut gelaunt zu Boden sah. Hatte sie was falsches gesagt? "Hey, was ist denn los? Habe ich was falsch gemacht?" Oh man. Bei diesem Jungen konnte man nicht streng sein. "Wahrscheinlich hast du das nicht, weil nicht jeder zweite Mensch ein Metamorphmagus ist.", erklärte sie ihm zwinkernd und stolz schwappte in ihren Worten mit. "Ich hab die Ehre und bin einer. Ich kann nicht nur meine Haarfarbe ändern... ich könnte jede lebende Gestalt annehmen, die du dir nur vorstellen kannst." Sie hatte sich nicht in sehr vielen Dingen versucht, da sie nicht wusste, ob sie dafür erfahren genug war, doch probieren wollte sie mal.
Nun erhob der Blondschopf seinen Kopf. Auch wenn nur für wenige Sekunden. Amüsiert nickte die Gryffindor ihm zu. Hoffentlich nahm er ihre Worte nicht ernst, oder tat er es?
Per Eule? Thyr meinte das anscheinend ernst. Sie verkniff sich schwer einen Lachanfall und zuckte schmunzelnd die Schultern. "Ich weiß es leider nicht, aber hey - Ich lebe ja noch!" Sabberhexen und Namensgebungen... Thyr schien echt verplant. "Wie war deine Sabberhexe so? Hatte sie dich zum Fressen gern?" Die Brünette fuhr sich mit der freien Hand durch die Haare und strich sie sich zurück. "Ruhig Blut, Kumpel. Na dann zeig mal!" Kaum hatte sie zu Ende gesprochen, zog sie den Säbel aus seinem Behälter und warf die Waffe mit Griff-Richtung Thyr rüber. Jetzt war sie gespannt, wie er damit umgehen würde. Und sollte er sich wieder als Psychopath rausstellen... könnte sie ihren speziellen Nervenkniff anwenden.

Eine Gryffindor also. Wie Mara. Dabei hatte Cara mit Mara nicht viel gemeinsam, fand Thyr. Mara lachte immer, wenn er mit ihr redete ... oder lachte sie etwa über ihn? Bei dem Gedanken wurde Thyr fast übel. Nein, das würde sie nicht tun. Mara war nett und sie hatte gesagt, dass sie ihn mochte.
Der Feenjunge schüttelte nur stumm den Kopf. Er sagte lieber nichts. Was hätte er auch sagen sollen? Verteidigen konnte er sich nicht wirklich oder zumindest kam es ihm gerade so vor. Als Cara sagte, was sie war, formte Thyr das Wort leise mit seinem Lippen nach und sprach es fast lautlos aus. Metamorphmagus. Das war keine Wesensart, da war Thyr sich sicher. Aber was war Cara dann? Thyr wagte es nicht zu fragen, er würde später in der Bibliothek nachlesen. Sonst würde er nur noch dümmer, oder 'planloser' wirken, wie die Gryffindor es ausgedrückt hatte. Doch dann erklärte Cara schon, was Metamorphmagus bedeutete. "Du kannst dich in alles verwandeln? Auch eine Fee?", hakte er nach und Interesse flackerte in seinen Augen auf. Zu einer Fee gehörten ihre Flügel, der Feenstaub, der sie schweben lassen konnte, die kleine Größe ... Konnte sie das wirklich nachahmen?

Als Cara nach seiner Sabberhexe fragte, runzelte er verwirrt die Stirn. "Da war keine Sabberhexe. Ich hab doch gesagt, meine Mutter hat mir meinen Namen gegeben." War das so ungewöhnlich in der Menschenwelt? Plötzlich flog Caras Nadel auf ihn zu. Thyrs Augen wurden groß, aber er griff unwillkürlich zu und schaffte es gerade so, den Griff der Nadel zu packen. Die Waffe war nicht schwer, wenn auch nicht so leicht wie eine Nadel. Thyr schaute verdutzt auf das längliche, dünne Metall, sah dann aber mit trotzigem Stolz zu Cara. Ha, er war nicht umgefallen!

Die Gryffindor verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich verspreche nicht bissig zu werden. Außerdem bist du hier derjenige, der der Stärkere im Moment ist.", meinte Cara und deutete mit einem Zwinkern auf die Waffe, die er in der Hand hielt. Okay, er war nicht wirklich der Stärkere, aber vielleicht gab es ihm ja das nötige Selbstbewusstsein, um nicht nur, wie ein vermummter Typ, ständig zu nicken.
Bei Thyrs Frage schüttelte sie lächelnd den Kopf. "Ich denke nicht... versucht habe ich es zwar bis her nicht, doch ich befürchte, dass es nicht funktionieren würde... dafür kann ich mich aber", sie schüttelte ihren Kopf, "in dich verwandeln!" Nun müsste sie vom Gesicht und den Haaren her, exakt wie ihr Gegenüber aussehen... nur mit Busen. Hoffentlich würde er jetzt nicht wieder hinunter fallen. Sie wollte nicht, dass es dem Kleinen zu viel wurde.
Das Thema kam wieder zu den geliebten Sabberhexen. "Ah, entschuldige, ich habe es glatt vergessen. Einen schönen Namen hat dir da deine Mutter gegeben!" Sie wusste nicht einmal, ob das überhaupt ein Name war.
Mit einem zufriedenen Lächeln sah sie Thyr an und nickte ihm zu. "Schön gefangen und wohl nicht so ängstlich, hm? Kannst du das Schwert auch in deiner Hand drehen?" Anscheinend war der Blonde doch kein Psychopath.

Thyr schaute wieder auf die Nadel in seiner Hand. Durch sie fühlte er sich nicht stärker, aber ein bisschen beruhigend war es schon, dass Cara sie nicht mehr hatte. Thyr hätte aber nie damit angegriffen. So gemein war er nicht. Außerdem war Cara mehr als einen Kopf kleiner als er, da braucht er doch keine Waffe, selbst wenn körperliche Gewalt etwas wäre, was er akzeptieren könnte. Aber darum ging es Thyr gar nicht. Es ging darum, sich vor ihr bloßzustellen. Das wollte er nicht. Thyr öffnete trotzdem den Mund, um zu fragen, warum sie ihn auch beißen wollen würde, aber dann behielt er diesen Satz besser für sich. Sein Gespür sagte ihm, dass diese Frage ihm nicht weiterhelfen würde.
Und dann blieben ihm sowieso alle Worte im Hals stecken. Cara sah plötzlich aus wie ... wie er. Nur dass sein Oberkörper seltsam verformt wirkte. Entsetzt wich Thyr noch ein wenig zurück. "N... nett, aber könntest du ... Das ist seltsam, kannst du dich bitte zurückverwandeln?" Es war mehr als seltsam! Das war sein Gesicht, seine Augen ... Aber gleichzeitig war sie es nicht. Ihre Art von Mimik wollte zum Beispiel absolut nicht zu ihm passen.
"Danke", murmelte er auf Caras Kompliment hin nur und schaute dann wieder unsicher auf die Nadel in seiner Hand. "Drehen? Wie meinst du das?"

Seine Reaktion stellte Cara ein weiteres Mal zufrieden. Anscheinend hatte sie sich erfolgreich verwandelt. "Na klar, keine Sorge." Erneut schüttelte sie kurz ihren Kopf und hatte wieder ihr altes Gesicht... nur waren ihre Haare diesmal wieder Blond und die Spitzen hatten erneut ein zartes Rosé gehabt. "Jedenfalls kann ich solche Dinge mit meiner Fähigkeit." Ziemlich cool, fand sie. Sie könnte sich als Lehrer ausgeben und gewisse Dinge machen, die sie als Schülerin nicht tun könnte. Das würde ein Spaß werden! Aber alles mit seiner Zeit.
"Na drehen..." Sie sah auf den Behälter in der Hand und hielt ihn fest im Griff. "Sieh zu und mach es nach... Du drehst es erst einmal, machst dann deine Hand auf, lässt mit dem kommenden Schwung den Säbel wieder nach oben kommen und fängst ihn auf." Während sie eine bemüht einfach zu verstehende Anleitung aufsagte, befolgte sie ihre Schritte selbst, um es ihm zu zeigen. "Und jetzt bist du dran... Ach, und Thyr: Halt die Waffe ja gut im Griff!" Er war unerfahren was den Umgang mit Waffen anging. Sie wollte ungern, dass sie oder er am Ende dieses Tages im Krankenflügel verbrachten mit einem Säbel im Körper.

Thyr atmete auf. Cara als Cara war ihm eindeutig lieber. Er mochte sich und er war lieber allein er selbst. Aber die Fähigkeit war genial. "Tut das weh? Wenn sich dein Körper verändert, meine ich?", fragte er neugierig, wenn auch immer noch etwas vorsichtig nach.
Caras Erklärung verstand Thyr zwar, aber nach einem Blick auf dem Griff, an dem er sich nur zu leicht verhaken konnte, beschloss er, dass er seine Finger gern da mochte, wo sie waren - an seiner Hand. "Ich glaube, ich verzichte." Vorsichtig reichte Thyr die große Nadel zurück.

Sie schüttelte den Kopf. "Anfangs hat es sich etwas merkwürdig angefühlt... wie ein Kribbeln. Doch mit der Zeit merke ich kaum etwas.", beantwortete sie Thyrs Frage und nahm etwas enttäuscht die Waffe entgegen, steckte sie wieder in ihren Behälter und nickte dem Blonden zu. "Also, Thyr. Wie findest du Hogwarts bisher?" Cara wollte ungern, dass der Kleine sie als gewalttätiges Mädchen in Erinnerung behielt. Also beschloss sie, etwas Smalltalk zu betreiben. Und vielleicht wusste er etwas, was sie noch nicht wusste. Über dieses große, sehr große Schloss und seine Bewohner.

Ein Kribbeln ... Das spürte Thyr auch, wenn er Feenstaub benutzte. Besonders, wenn er sich mit diesem Staub in einen Menschen verwandelte. Wieder glitt seine Hand zu dem kleinen Lederbeutel in seiner Tasche, der voll von dem glitzernden Staub war. Weit mehr als er brauchte, um sich für einen weiteren Monat in menschlicher Gestalt zu halten. Aber ein paar Galleonen musste er ja auch in der Tasche haben, also war das nötig.
"Ähm ... Hogwarts?" Die Frage war eher, wie fand er die ganze menschliche Welt bisher. Groß. Verwirrend. Bunt und laut und fremd und manchmal unglaublich schön."Ich ... ich mag es hier. Das Schloss ist sehr groß und ich verirre mich noch manchmal, aber es macht Spaß die Gänge zu erkunden und der Ver... die Ländereien sind toll." In den Wald durfte er ja offiziell nicht. Fast hätte er das vergessen! "Und wie findest du Hogwarts?", fragte er Cara schnell.

Cara band sich nebenbei ihre Haare wieder zur und hob den Kopf an, um den Himmel zu besichtigen. Dabei landeten Regentropfen auf ihrer Stirn und ließen ihren Blick wieder senken. Sie bemerkte, wie er seine Hand bemerkte und entdeckte, als sie seiner Hand folgte, einen Lederbeutel, den Thyr mit sich hatte. "Darf man wissen, was in dem Beutel ist?" Wahrscheinlich ganz typische Sachen, die man mit sich nahm, wenn man raus ging... okay, in Hogwarts waren Handys bestimmt nichts typisches, doch sie würde gerne wissen, was jemand wie Thyr mit sich rumschleppte.
"Ja. Hogwarts. Das Schloss hinter mir.", sagte Cara und deutete amüsiert, mit einer Handbewegung, auf das Schulgebäude hinter sich. "Ich finde es bisher ganz nett. Die Bibliothek gefällt mir am besten. Groß und viele Bücher!" Stunden hatte sie darin verbracht und wahrscheinlich wäre sie immer noch da drin, hätte die Bibliothekarin sie nicht rausgeschickt. Olle Kuh.

Thyr schaute auf den Beutel hinunter und überlegte einen Moment. Feenstaub war nichts, an das ein normaler Mensch leicht kam. Aber wer Kontakte hatte - also wer zum Beispiel ihn kannte - der konnte schon an Feenstaub kommen. Der feine Staub wurde auch gern als hochwertige Deko eingesetzt, obwohl es genug Menschen gab, die den Staub lieber zu sich nahmen und sich an seiner Rauschwirkung erfreuten. Oder Dinge schweben ließen. Jedenfalls würde er eher auffallen, wenn er gar nichts sagen wollte und für eine gute Ausrede war er gerade zu ... unkreativ.
"Feenstaub", antwortete er daher schlicht. "Willst du mal sehen?" Mädchen mochten den glitzernden Staub meistens sehr gern.
"Du liest also gern", schlussfolgerte Thyr aus Caras Worten. Er selbst hatte auch viel gelesen, seit er hier war, aber auf Dauer bereitete es ihm eher Kopfschmerzen. Als Fee hatte er einfach nie viel gelesen. Wie denn auch? Er hätte ein Menschenbuch nicht mal tragen können.

"Feenstaub?", wiederholte Cara verwirrt und sah Thyr mit großen Augen und einem stirnrunzelnden Blick an. "Woher hast du bitteschön Feenstaub und wozu benötigst du es?" Oh nein. Der Kleine war ein Junkie. Das erklärte auch sein merkwürdiges Verhalten und seine Verwirrtheit. Misstrauisch sah sie auf den Beutel und nickte. "Zeig her." Wie Feenstaub wohl aussah. Sie hatte es selbst nie gesehen, wusste aber von seiner Verwendung gut Bescheid. Aber wie kam ein Junge wie er an so etwas ran? Anscheinend hatte er es gerade erst vertickt. Wieso sonst sollte er es mit raus nehmen? Ob sie es melden sollte? Nein, sie war keine Petze. Sie würde mit ihm ein offenes, klares Gespräch über dieses Thema führen und gut ist.
"Ja, sehr gerne sogar. Bücher sind toll! Du auch?" Er machte nicht den Eindruck, als würde er, aber er hatte auch nicht den Eindruck gemacht, ein Drogendealer... oder Abhängiger zu sein. Also wartete sie gespannt darauf, was Thyr zu sagen hatte, Nett wäre sie in diesem Thema definitiv nicht und dann hätte er auch einen Grund, sie als gewalttätiges Mädchen in Erinnerung zu behalten.

Thyr fummelte etwas umständlich an dem Lederbeutel herum. Als Fee war er eigentlich recht geschickt, aber die großen, plumpen Finger eines Menschen waren schwerer zu koordinieren, also brauchte er ein bisschen.
"An Feenstaub ist nicht leicht ranzukommen, also verrate ich bestimmt nicht, woher ich es habe", redete Thyr sich heraus. Bestimmt würde er Cara nicht sagen, was er war! Nicht mal Mara wusste das. Es wäre ihm einfach furchtbar peinlich gewesen, wenn sie das erfahren hätte.
Inzwischen hatte er das dunkelbraune Lederband um den Beutel lockern können und öffnete ihn vorsichtig. Jetzt war der sehr feine, goldfarbene Staub zu erkennen, der selbst ohne direktes Sonnenlicht ein warmes Funkeln an sich hatte. "Hübsch, nicht?", fragte Thyr mit einem fast schon wehmütigen Lächeln. Diesen Staub hatte er selbst schon hergestellt, aber gerade war er dazu nicht in der Lage. Nicht in Menschengestalt.
Bei Caras Frage schaute Thyr ein wenig betreten auf. Las er gern? Er hatte erst seit so kurzer Zeit regelmäßig die Möglichkeit dazu. So ganz wusste er das noch gar nicht. "Ich ... lese oft, ja." Das stimmte sogar. Zumindest in letzter Zeit hatte er oft gelesen. Irgendwie musste er ja in dieser Welt zurechtkommen.