cf: Zeitsprung

Der Tag war unerträglich heiß. So angenehm die Kriegsstimmung in Hogwarts auch war, an das Wetter hier würde Raban sich nicht gewöhnen können. Kaum setzte er einen Fuß vor das Schlossportal, schien sich seine Brust zusammenzuschnüren, als hätte es sich ein Hippogreif auf seinem Brustkorb gemütlich gemacht. Zum Glück waren die Slytherins in den Kerkern zu Hause, die selbst jetzt angenehm kühl waren. Und nicht nur die Gemeinschaftsräume der Slytherins waren in den dunklen Gängen untergebracht. Rabans Nase hatte ihn schnell zu einem weiteren Raum geführt, der sich als äußerst nützlich erweisen sollte.
Die Hauselfen in der Schulküche taten nichts lieber, als Schüler glücklich zu machen. Wenn das hieß, einem Jungen kiloweise rohes Fleisch vorzusetzen, dann taten sie es. Natürlich gab es unterhaltsamere Arten an seine Beute zu kommen und Menschenfleisch schmeckte besser als das, was die Hauselfen ihm vorsetzten, aber es war immerhin praktisch. Raban konnte leider nicht täglich Schüler verschwinden lassen, das würde auffallen.
Der Wendigo schaute zufrieden auf den leeren Teller vor sich, auf dem nur noch ein paar Blutreste zu finden waren. Ja, in Hogwarts ließ es sich leben. Noch besser wahrscheinlich, wenn der Sommer endlich vorbei war.

cf: Zeitsprung

Nachdem er sich wieder in Hogwarts eingelebt hatte, was eigentlich gar nicht lange gedauert hatte, das hätte nämlich vorausgesetzt, dass er sich an das Haus seiner Eltern gewöhnt hatte, hatte Jason beschlossen, dass es keine schlechte Idee wäre, sich mit dem neuen Wendigo auseinanderzusetzen. Eigentlich hatte er das schon einige Tage geplant, doch eine chronische Faulheit und ein wenig Vertrauensschülergeplänkel hatten ihn von dieser Aufgabe abgehalten. Eigentlich eher die Faulheit. Doch Hogwarts war sein Schloss. Hier schlich er durch die Schatten, hier jagte er, hier beschäftigte er sich mit seinen Spielsachen. Das jetzt ein anderer dieses Privileg ebenfalls beanspruchte wollte sich nicht ganz in sein Weltbild einfügen.
Es war nicht schwer dem Geruch von Menschenfleisch zu folgen. Was schwer war, war dabei das Grinsen zu verbergen. Menschenfleisch erinnerte Jason an den Krieg, an brennende, schreiende, fliehende Menschen. Blut, Tod und Verzweiflung. Ein reich gedeckter Tisch. Allein der Gedanke brachte sein kaltes Blut in Wallung und er bekam neben dem Hunger, das unbändige Bedürfnis eines seiner kleinen Spielzeuge zu quälen und wer weiß was mit ihm, oder ihr anzustellen. Vorzugsweise ihr. Die Schreie waren lieblicher und das Fleisch schmeckte auch besser. Jedenfalls nach Jasons Ansicht.
Der Geruch kam aus der Küche und ein lautes Knurren wurde hörbar. Es war mal wieder Zeit für einen Snack und damit meinte Jace nicht den Muggelkundelehrer. Er öffnete die Tür und erblickte den Wendigo mit einem leeren Teller. Die Hauselfen erkannten Jason und er nickte nur auf die Frage, ob er ebenfalls etwas wollte. Sie kannten seine Vorlieben schon und in Windeseile hatten sie ihm einen Teller mit blutigem, saftigen Rind gebracht. Der Wendigo verschlang ein großes Stück und achtete nicht auf das Blut, dass ihm dabei über das Kinn lief und das Gesicht verschmierte. So hatte es wenigstens einen kleinen Hauch von dem, was eine normale Mahlzeit mit sich brachte, bei der man die Zähne in dem aufgerissenen Körper eines Opfers vergraben konnte.
"Du bist also der neue Wendigo.", stellte Jason kühl fest und musterte den anderen Wendigo.

Raban roch den anderen Wendigo lang bevor er die Küche erreichte. Der Geruch war ihm zum ersten Mal im Gemeinschaftsraum der Slytherin aufgefallen, aber dort war er flüchtig gewesen. Eine alte Spur, die sich in der ersten Nacht in Hogwarts nicht erneuert hatte. Raban hatte schon geglaubt, dass es sich vielleicht um jemanden gehandelt hatte, der im letzten Jahr seinen Abschluss an der Schule gemacht hatte. Oder von eben jener geschmissen worden war. Beides hatte etwa die gleiche Wahrscheinlichkeit gehabt.
Doch dann war er noch an anderen Stellen des Schlosses auf den Geruch aufmerksam geworden und hin und wieder war die Spur frisch gewesen. Auch im Gemeinschaftsraum und im Schlafsaal. In Hogwarts war ein anderer Wendigo. Und er war schon länger hier als Raban.

Der Slytherin hatte die übliche Methode gewählt, mit denen Wendigos sich begegneten. Gar nicht. Er hatte die Nächte lieber draußen oder sonstwo im Schloss verbracht. Wendigos waren nicht gerade miteinander verfeindet, aber ihre egoistische Natur machte es ihnen schwer, auf allzu engem Raum zu leben. Doch der andere Wendigo schien neugieriger zu sein als er, jedenfalls kam er der Küche immer näher. Raban spannte probeweise seine Muskeln an und richtete seine dunklen Augen mit dem roten Ring um die Iris auf die Tür. Er wollte hier seinen Spaß haben, keinen Ärger. Zumindest keinen, mit einem anderen Wendigo. Der Vorteil an ihrer Rasse war, dass die meisten anderen Wesen ihnen nichts entgegenzusetzen hatten, wenn sie es schlau anstellten. Aber Wendigo gegen Wendigo?

Ein anderer Junge betrat den Raum und der Geruch nach rohem Fleisch traf wie eine unsichtbare Wand auf Raban, obwohl er selbst gerade erst welches gegessen hatte und der Geruch auch ihn umgab. Die Hauselfen kannten den Jungen offenbar schon und eilten sofort mit noch mehr rohem Fleisch heran, während Raban sein Gegenüber ungeniert musterte. Er sah nicht gefährlich aus. Wäre der Geruch und die rötlich gefärbten Augen sowie das Blut nicht gewesen, das er gerade achtlos auf seinem Gesicht verschmierte, hätte Raban ihn für den netten Jungen von nebenan gehalten. Ein abschätziges Lächeln erschien auf Rabans Gesicht. Niedlich.
"Ganz offensichtlich", bestätigte er die Frage seines Gegenübers. Leugnen hatte wenig Sinn, denn für die scharfen Augen und die feine Nase eines Vampirs, Werwolfs oder Wendigos schrie er seine Rasse förmlich hinaus. "Und du bist der andere Wendigo." Raban sparte sich ein 'Freut mich deine Bekanntschaft zu machen', denn er freute sich absolut nicht. Zumindest noch nicht. Je nachdem was die Schwiegersöhnchenkarrikatur von ihm wollte, konnte es ja noch interessant werden.

Jason zerbiss krachend ein Stück Knochen. Das brachte ihn auf eine Idee. "Rippchen.", murmelte er einem Elfen zu. Das Krachen der Knochen hatte etwas von Musik. Gierig verschlang er das nächste Stück Fleisch. Nebenbei ließ er den anderen Wendigo nicht aus den Augen. Er war irgendwie dunkler, düsterer als er selbst. Jedenfalls vom Äußeren, aber das war nichts besonderes. Hätte Jason es nicht so nützlich gefunden, so auszusehen, wie er aussah, wäre auch dieses Düstere kein Problem gewesen.
"Und? Was hat dich hierher gebracht?", fragte Jason, nachdem er seinen Mund voll Sehnen, Fleisch, Fett und Blut gekaut hatte. Ein Lächeln war auf seine Züge getreten, dass die Öffentlichkeit normalerweise nicht sah und das offenbarte, was er eigentlich war. Brillenschlange hatte es geliebt. Er hatte vor Freude meist gequiekt und ganz vergessen, dass er zischeln sollte. Jason zog mit einem Fuß einen Stuhl zu sich, drehte ihn um und ließ sich darauf fallen, so dass er mit der Brust in Richtung lehne saß. "Na los, erzähl doch mal. Wo kommst du her? Wie lang bist du schon ein Jäger? Was ist dein Lieblingsessen? Wieso grinst du so blöd? Nicht so schüchtern. So wie es aussieht müssen wir uns dieses Jahr noch arrangieren und scheinbar auch im gleichen Schlafsaal pennen." Jason biss lässig ein großes Stück aus der letzten Scheibe Fleisch. Soviel zur Vorspeise.

Merlin, war dieser Kerl eine Labertasche? Sah er aus wie ein Schweizer Käse, dem ein paar mehr Löcher nichts ausmachten? Raban lehnte sich zurück und beobachtete aus scheinbar entspannter Haltung den anderen Wendigo. "Willst du mir nicht lieber einen Fragebogen zukommen lassen? Überschrifte das ganze doch mit Immigrantenselbstauskunft."
Immerhin sah das Grinsen nicht mehr wie das eines Vorzeigeschülers aus. Jetzt hatte er wenigstens nicht mehr das Bedürfnis, dem anderen lobend das Köpfchen zu tätscheln, weil er seine Nase einsetzen und schon rohes Fleisch essen konnte.
Fast hätte Raban kichern müssen, aber er schaffte es, das Ganze als Räuspern zu tarnen.
"Aber um den Fragebogen mal abzuarbeiten - hier ist im Krieg mehr los als in meiner Heimat, ich komme aus Norwegen, bin seit ein paar Jahren Wendigo und ich glaube, unsere Rasse ist ziemlich unkreativ, was das Lieblingsessen angeht. Und keine Sorge, ich habs nicht so damit neben meinem Mitternachtssnack zu schlafen. Das schürt nur den Appetit."
Die Frage mit dem Grinsen überging Raban geflissentlich und setzte stattdessen die Karrikatur eines aufmerksamen Lächelns auf. "Und was gibt es zu dir zu wissen?"

"Das mit dem Fragebogen wäre sogar keine schlechte Idee. Soll ich ihn extra für dich in ein hübsches Mädchen ritzen, damit du gleich motivierter bist zu antworten?", hakte Jason mit einem Grinsen nach und einem Funkeln in den Augen mit dem roten Kreis um die Iris. Allein der Gedanke an das weiche, zarte Fleisch, dem man so leicht, so wunderbare Schreie entlocken konnte trieb ihm Gänsehaut über den Rücken und an die verweinten Gesichter wollte er gar nicht denken. Die Rippchen kamen und ohne groß zu zögern packte sich Jason das nächstbeste und biss krachend ein Stück ab, mitsamt dem Knochen und begann ihn mit einem widerlichen Knirschen, dass in seinen Ohren wie Musik klang zu zermalmen. "Ah, wenigstens gibt es noch jemanden der die ganze Sache da draußen super findet. Bist du mal durch die Straßen gegangen? Der Geruch von verbranntem Fleisch, von Blut, von Panik, die Schreie. Das wäre Eintritt wert!", erwiderte Jason mit einem widerwärtigen Grinsen. "Und ich meinte eigentlich, was du am liebsten magst. Kerle, Mädchen, Kinder, Babies, oder Alte." Er zuckte mit den Achseln.
Nun war Jason an der Reihe und ein gefährliches Funkeln trat in seinen Blick. Er packte eines der Rippchen und warf es lässig dem anderen Wendigo zu. "Es gibt keinen Grund so zu tun, als müssten wir uns gleich die Kehlen rausreißen. Einerseits würde das nicht genügend Spaß machen, andererseits gibt's hier genug Essen und Krieg für uns beide. Ich bin Jason, Vertrauensschüler, Jäger seit ich sieben bin und bevorzuge vor allem das Fleisch von Mädchen. Die Schreien dabei so schön." Er ging dabei nicht darauf ein, dass dies mit ein Grund war, aus dem er seine Opfer gern lebendig fraß.

Der Vorschlag des Wendigos machte ihn gleich um einiges sympathischer. "Für die Art von Fragebogen stehe ich jederzeit zur Verfügung", versicherte er mit einem dreckigen Grinsen. Mädchen wimmerten selbst dann noch, wenn sie keine Energie mehr zum Schreien hatten, während die Männer irgendwann einfach teilnahmslos und stumm blieben. Nicht halb so unterhaltsam.
"Genau deswegen bin ich hier! Sonst würde ich mich sicher nicht freiwillig in diesem Brutkasten aufhalten, aber die Stimmung hier ist das reinste Fest! Und es fällt nicht auf, wenn der ein oder andere Schüler nicht auftaucht." Rabans Lächeln wurde scheinheilig. "In einem Krieg kommt eine unerwartete Attacke eben vor und dabei kann auch jemand sterben." Oder verspeist werden.
Raban entspannte sich langsam tatsächlich ein bisschen.
Gute Nachricht Nummer eins: der andere Wendigo wollte nicht sein Revier markieren und ihn in den Krabbelkäfig sperren.
Gute Nachricht Nummer zwei: er war nicht so ein Weichei wie Raban auf den ersten Blick vermutet hatte.
Vielleicht würden es nicht nur die Opfer sein, die sein Jahr in Hogwarts zu etwas Besonderem machten, sondern auch seine Gesellschaft. Erst Reshaba, jetzt ... wer auch immer.
"Junge Mädchen", schloss er sich Jasons Meinung an. "Die Jagd macht Spaß, sie sind die unterhaltsamsten Opfer und ihr Fleisch ist wunderbar zart. Babys haben etwas ... Fischiges. Das meide ich lieber."
Der Wendigo warf ihm eines der Rippchen zu und Raban hob lässig die Hand und fing es auf, ehe er seinem Gegenüber kurz dankend zunickte. "Vertrauensschüler", wiederholte er langsam und ein höhnisches Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. "Für welche Glanztat wurdest du denn dazu ernannt? Beseitigung von störenden Schülern?"
Raban biss in das Rippchen und spürte nun selbst, wie Knochen zwischen seinem Kiefer brachen.
"Hast du dich freiwillig verwandelt?", hakte er nach, sobald er den ersten Bissen geschluckt und die Blutreste mit dem Handrücken von seinem Gesicht gewischt hatte.

Jason stimmte ein dreckiges Lachen an. "Ich denke das nächste Mal daran. So viele wie in Hogsmeade rumlaufen fällt es nicht mal auf und in solchen Zeiten sind sie so wunderbar offen für jemanden, der ihnen zuhört." Er blinzelte lieb mit den Wimpern und grinste dann höhnisch.
Mit einem träumerischen Grinsen auf dem Gesicht zerbiss Jace ein weiteres Stück. "Ja, das Wetter hier im Sommer ist der Horror, aber dafür kann man die Beute meist schon vorher ausgiebig begutachten." Jasons Gedanken wanderten zu der leicht bekleideten Hope.
"Und du hast recht. Es ist wirklich großartig, wie wenig sie die Leute vermissen." Jason schüttelte belustigt den Kopf. Deswegen waren sie ja die Jäger, weil die blöde Beute nicht kapierte, was da unter ihnen war.
Der Wendigo wischte sich ein bisschen Blut aus dem Gesicht. "Fischig geht sogar noch. Vampir ist ekelhaft. Blutig, aber ekelhaft." Nachdenklich legte er den Kopf schief. "Aber Veela würde ich gern mal probieren."
Jason erwiderte das Nicken und schnappte sich den nächsten Bissen. "Das frage ich mich auch. Aber scheinbar bin ich so ein braver, vertrauenswürdiger Schüler." Er setzte sein charmantes Engelsgesicht auf, das irgendwie, wie eine Karikatur aussah, so blutverschmiert wie es war. Das charmante Lächeln verzog sich auch schnell wieder zu etwas, das nur leidlich als etwas freundliches wie ein Lächeln definiert werden konnte. "Das beste ist der Gesichtsausdruck, wenn sie ihr Vertrauen verlieren und erkennen, dass es nicht nur ein böser Scherz ist. Und nein, hab ich nicht. Das war so ein blödes Mädchen aus meiner Schule. Die hatte irgendwann scheinbar das Gefühl sich rächen zu müssen. Aber so schlecht ist es ja nicht. Nur noch ein Grund mehr." Jason grinste bösartig. "Armer Jason, der kann nichts dafür David. Dein Bruder ist krank, er hat keine Kontrolle über sich. Hör auf so gemein zu deinem Bruder zu sein, er leidet so schrecklich unter dem Fluch.", imitierte Jason die Stimme seiner Mutter. Ach ja, selige Erinnerungen. "Und wie stehts mit dir,...?" Er machte eine kurze Pause und überlegte. Nein. Den Namen kannte er noch nicht.

Raban lachte höhnisch über Jasons Worte und riss ein weiteres Stück blutiges Fleisch aus den Rippen. "Um den charmanten Jungen zu spielen, habe ich meistens nicht die Geduld." Dafür musste er wirklich Lust auf diese Art von Jagd haben. Oder überhaupt keinen Hunger und sowieso nur daran interessiert sein, eine nette Nacht zu haben.
"Zumindest jetzt noch. Diese elenden Schuluniformen sind nicht gerade die ideale Nahrungsverpackung." Raban schlang den nächsten Bissen hinunter und wischte wieder über seinen blutigen Mund.
Vampir? Er konnte sich nicht erinnern, je Vampirfleisch probiert zu haben. "Ich halte mich normalerweise von Werwölfen und Vampiren fern. Minderwertiges Fleisch und viel zu misstrauisch, weil sie uns riechen können." Raban verzog das Gesicht. Vampire rochen nicht einmal sonderlich gut. Aber vielleicht ging das ja nicht allen Wendigos so. "Bei der Veela wäre ich allerdings dabei. Ich habe einmal eine gerochen, aber leider hatte ich keine Gelegenheit, mich an mehr als ihrem Geruch zu erfreuen."
Raban schnaubte ungläubig, als Jason seine Vertrauensschülerwahl begründete. "Warum auch immer, die Position ist sicher ganz nett, oder? Ein bisschen Macht über die Schüler, eine Ausrede Nachts durch die Gänge zu streifen und einsame Mädchen anzusprechen ..." Der Wendigo lächelte höhnisch und das letzte Stück von den Rippchen verschwand in seinem Mund. Jason hatte sich also nicht freiwillig verwandelt. Er hatte zu den Menschen gehört, die die Gefahr eines Wendigos nicht erkannt hatten und denen das irgendwann zum Verhängnis geworden war. "Rache also? Dann hattest du es wohl verdient. Mit einem Wendigo legt man sich besser nicht an, nicht wahr?" Raban grinste vielsagend und nahm die Stoffserviette entgegen, die ihm ein Hauself reichte. Er wollte ja nicht gerade mit Bluresten im Gesicht zurück auf die Gänge gehen.
"Du hast also einen Bruder? Auch ein Wendigo?", hakte er nach. Wenn es hier mehrere von ihnen gab, wollte Raban es lieber gleich wissen.
"Raban", half er dem Jungen knapp weiter. "Ich habe mich bewusst verwandelt. Sagen wir, unter etwas zwingenderen Umständen, aber aus freiem Willen." Darauf war er tatsächlich stolz. Wenn das Sensibelchen schon sonst zu nichts gut gewesen war, dieses eine Mal hatte er Mumm gehabt.

"Ach das hat schon seine Vorteile. So hat man vor dem Essen sogar noch ein bisschen Spaß." Er grinste vielsagend. Vor allem der Blick, wenn man ihnen danach das Herz brach, teilweise sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Daran zu denken schmälerte den Hunger nicht gerade.
"Verdammt richtig. Man sollte es genießen solange es noch geht. So angenehm der Winter auch ist, diese dicken Klamotten schmälern den Spaß" Und es war echt manchmal ätzend sich die Fasern zwischen den Zähnen hervorzupulen. Bei leichter Kleidung war es leichter darum herum zu kommen.
Jason zuckte die Achseln. "Es hat sich halt die Gelegenheit ergeben und ich war neugierig ob es so schlimm schmeckt, wie es riecht. Man weiß ja nie." Jason grinste wieder boshaft. "Und wie hat sie gerochen? Das wäre definitiv wieder so ein Fall, wo ich lieber erst meinen Spaß hätte vor dem Essen. Und ja, die Position ist super. Man kann langweilige Arbeit auf andere abwälzen, wenn einem die Nase von wem anders nicht passt, drückt man ihm Nachsitzen auf... Macht es auf jeden Fall einfacher unentdeckt zu bleiben. Und der Rest den du erwähnt hast natürlich auch. Noch ein Stück?" Er hielt fragend ein weiteres Stück Fleisch in die Höhe.
"Und ja Rache. Sie war echt ein tolles Spielzeug." Ein fast wahnsinniges Grinsen breitete sich auf Jasons Gesicht aus. "Und dann hat sie mir auch noch so ein Geschenk gemacht. Ich weiß nicht, ob ich mich heute bedanken würde, oder sie zu Tode quälen würde. Vermutlich beides."
Er selbst biss noch einmal in sein eigenes Stück. "Hatte.", erwiderte er mit vollem Mund. "Und die Brillenschlange war kein Wendigo. Es ist echt schade, dass er kaputt gegangen ist.", erzählte er, als würde es sich weniger um einen Menschen handeln, als um eine Puppe. "Respekt. Du hast das Ritual durchgezogen? Nicht schlecht, Raban. Wie kam es dazu?"

Raban nickte zustimmend und grinste unheilverkündend. Dieser Wendigo klang doch nach seinem Geschmack, trotz des Schwiegersöhnchenauftretens. Dieses Jahr würde ein Spaß werden! "Du hast doch sicher Erfahrung damit, wie häufig man in diesem Schloss ... seinen Spaß haben kann, ohne aufzufallen?" In Kriegszeiten fiel der ein oder andere verschwundene Schüler mehr oder weniger bestimmt nicht so schnell auf, aber ein paar Erfahrungswerte als Anhaltspunkt für den Normalzustand waren bestimmt nicht nachteilig.
"Die Klamotten kann man ihnen doch vom Leib reißen. Stoff ist meistens noch ein bisschen leichter zu zerfetzen als ihr Fleisch und der Geruch, der von den Mädchen ausgeht, wenn man sie auf diese Art entblößt ..." Raban schloss genießerisch die Augen, öffnete sie aber gleich darauf wieder. Seine Instinkte verbaten ihm, wirklich unaufmerksam zu werden. Der andere Wendigo schien keine direkte Gefahr zu sein, aber er war ein anderer Jäger, mit ihm in diesem Raum. Man gab sich vor einem Jäger keine Blöße.
"Gern", erwiderte Raban auf Jasons Angebot hin. Kam eine andere Antwort als Wendigo in Frage?
Die Augenbrauen des Wendigos hoben sich leicht, als Jason das andere Mädchen ihrer Rasse als Spielzeug bezeichnete. Was war denn das für ein seltsamer Wendigo gewesen, dass sie sich von einem gewöhnlichen Jungen hatte herumschubsen lassen und ihn zum Dank auch noch verwandelt hatte? Nicht, dass Raban etwas gegen seine aktuelle Gesellschaft hätte, aber er hätte anders reagiert, wenn ein Schüler ohne nennenswerte Fähigkeiten versucht hätte, sich an ihm zu vergreifen. Wendigos waren keine Opfer. Sie waren immer die Jäger, sonst hatten sie es nicht verdient zu sein, was sie waren. "Wenn du mich fragst, ihr gehört das Herz rausgerissen", gab Raban seine Meinung preis.
Jasons Bruder war also 'kaputt gegangen'. Auf Rabans Gesicht breitete sich ein hämisches Lächeln aus. "Tja, so ist das mit den Menschen. Sie halten nicht wirklich viel aus. Ob Veelas oder andere Wesen wohl durchhaltewilliger wären?" Das erinnerte ihn an Jasons Frage nach dem Veelageruch. Raban hätte am liebsten wieder die Augen geschlossen. "Ein bisschen süßlich war der Geruch, aber vor allem ... vollkommen. Wie der wundervollste Geruch an den du dich erinnerst, nur noch tausend Mal besser."
Als Jason nach dem Ritual fragte, wurde Rabans Grinsen breiter und er erinnerte sich genüsslich an jene Nacht. Diese Jungs hatten es dem Sensibelchen schon richtig gezeigt. Als Raban endlich bei klarem Verstand gewesen war, hatte der Geruch von Angst und Verzweiflung noch an ihm geklebt und ihn schier wahnsinnig vor Gier gemacht.
"Mein menschliches ... Ich, wenn man es denn so nennen will, war auch so eine Art Lieblingsspielzeug für ein paar seiner Mitschüler. Einer dieser großmäuligen Affen wollte ein Wendigo werden und hat beschlossen, dass die Eltern des Sensibelchens das Fleisch für das Ritual stellen könnten. Er kam nach Hause, seine Familie war tot und teilweise schon zerstückelt und er wurde festgebunden und sollte beim Ritual zusehen." Raban lachte verächtlich. "Bis dahin waren sie gar nicht so schlecht gewesen, aber dann haben die Jungs es mit der Angst zu tun bekommen und haben das Sensibelchen allein gelassen, mit einem fast vollendeten Ritual im Haus und jeder Menge Menschenfleisch." Rabans Nasenflügel bebten, als er sich an den Moment erinnerte, in dem sich der Geruch dieses Fleisches verändert hatte. In einem Moment hatte er noch gewürgt und hätte den metallischen Geruch nach Blut am liebsten aus seinen Nasenschleimhäuten geätzt und das zähe Fleisch ausgespuckt. Dann waren seine Kiefer plötzlich kräftiger geworden, seine Zähne schärfer und das Fleisch war ganz leicht zu kauen gewesen. Der metallische Geruch war plötzlich in tausend viel köstlichere Bestandteile zerfallen und dann war alles ganz einfach gewesen.

Das Grinsen gefiel Jason. Da schien er auf jemanden mit Geschmack gestoßen zu sein. Bei der Frage verzog er allerdings das Gesicht. "Die Schule liebt ihre verfluchten Listen. Die merken leider, wenn ein Schüler fehlt. An Vollmond geht es, da kann man es den Werwölfen unterschieben, aber sonst muss man leider bei langweiligem Spaß bleiben." Er verzog das Gesicht. "Und selbst dabei muss man manchmal Vergessenszauber benutzen, damit die Lehrer nichts mitbekommen." Er zuckte missbilligend die Achseln. "Aber im Dorf sieht das Ganze anders aus. Vor allem im Eberkopf. Da merken die Leute zwar manchmal was man ist, aber da kann man sich recht regelmäßig bedienen und wenn man das ganze in der heulenden Hütte abzieht, gibt es nicht mal Fragen." Er lachte gehässig. "Das muss man der Vampirin lassen, die hat wunderbar geschrien, vor allem als sie ihre Zähne losgeworden ist. Allein dafür hat sich das gelohnt."
Raban hatte wirklich Geschmack. Bei seiner Schilderung ertönte ein lautes Grollen aus Richtung von Jasons Magen. Er lachte. "Ich weiß genau was du meinst.", pflichtete er ihm bei. Dann warf er das Stück, dass er eben hochgehalten hatte zu dem anderen Wendigo hinüber und grub seine Zähne selbst wieder genüsslich in das sein Stück Fleisch.
Jasons Augen leuchteten auf, als Raban weiter über das Mädchen sprach. Das waren so schöne Erinnerungen. "Nein.", widersprach er dem Vorschlag des Wendigos. Ein fast verträumter Blick schlich sich auf sein Gesicht. "Das würde zu schnell gehen. Ich wäre dafür, sie bei lebendigem Leib, langsam zu fressen. Du glaubst gar nicht, wie lange jemand überleben kann, wenn man auspasst die lebenswichtigen Organe nicht zu zerbeißen." Das widerliche, halb wahnsinnige Grinsen war wieder auf das blutverschmierte Gesicht getreten.
Jason versuchte es sich den Geruch vorzustellen. Bei dem was er sich dabei vorstelle kochte ein unstillbares Verlangen nach Blut, Gewalt und Frauenkörpern in ihm hoch. "Ich hoffe es flüchtet sich eine an die Schule.", murmelte er mit grimmiger Vorfreude. Zu seinem Bruder schwieg er. Der war ein gutes Spielzeug gewesen. Jason konnte sich noch daran erinnern, wie er geschrien hatte, als er ihm die Fingernägel ausgerissen hatte.
Jason hätte fast gelacht. Der Junge vor ihm war ein Spielzeug gewesen? Wenigstens war er es scheinbar jetzt nicht mehr. "Du meinst, du hast es einfach durchgezogen und deine Eltern gefressen? Nicht schlecht! Meine haben mittlerweile auch ausgedient. Das Haus brauche ich in den Ferien nicht mehr."

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Hope hatte fast ein schlechtes Gewissen. Um sie herum waren die meisten Schüler bedrückt und Hope verstand sie. Ihre Familien waren in Gefahr, einige vielleicht sogar tot, keiner wusste, wie es weiterging. Natürlich hörte man da kaum ein Lachen in der Großen Halle, weil niemand gute Laune hatte. Nicht so Hope. Ihr waren die letzten Tage wie das Paradies vorgekommen! Keine Eltern, keine Brüder, dafür Hogwarts, die Möglichkeit zu zaubern und doch kein Unterricht. Stattdessen freier Zugang nach Hogsmeade! Himmlisch! Um ihre Familie machte sich Hope wenig Sorgen. Unkraut verging nicht. Also lief sie mit einem fröhlichen Lächeln durch die Gänge und war für jede Person dankbar, die ihre Einstellung teilte.
Heute mied sie die Große Halle, weil der Anflug eines schlechten Gewissens zurückgekommen wäre. Stattdessen saß sie in der Schulküche und ließ sich hier von den Hauselfen ihr Privatessen zusammenstellen. Ihr schwarzer Tennisrock und das dünne, weiße Top waren nicht gerade ideal für die kalten Kerkerräume, aber Hope ließ sich von der Gänsehaut auf ihren Armen nicht weiter beeindrucken, während sie auf ihren großen Caesar Salat wartete.

cf: Zeitsprung

Zu viele Menschen! Viel zu viele Menschen! Baptiste knöpfte die oberen Knöpfe seines Jeanshemdes auf. Eine unerklärliche Anspannung breitete sich in seinem Körper aus. Das geschah immer, wenn er sich bedrängt fühlte und im Moment tat er das. Was hatte sein Ziehvater nochmal gesagt? Tief ein- und ausatmen. Doch das half im Moment sehr wenig. Vielleicht würde ja ein Glas kühles Wasser weiterhelfen? Er hatte Zweitklässler gefragt, ob es einen anderen Ort gäbe, an dem etwas zu Essen finden würde. Sie meinten etwas von einer Schulküche, also begab sich der Gryffindor auf die Suche nach dem besagten Ort und hoffte inständig, dass es dort nicht voll wäre. Am liebsten wäre es ihm, wenn überhaupt niemand da drin wäre.
Nach einigem Hin und Her fand er die Schulküche und trat durch die Tür. Kaum war er drin, wollte er wieder ganz schnell raus. Da waren merkwürdige Gestalten in der Küche und fertigten Gerichte an. Was beim lieben Gott waren das für Wesen? Unsicher sah er sich weiter im Raum um und erkannte ein Mädchen mit braunen Haaren. Nun wurde er nur noch mehr nervöser und stand wie ein verlorener Welpe in der Tür. Sollte er lieber rein-, oder wieder rausgehen?