Nate wirkte abweisend und Joyce' Lächeln verblasste leicht, sodass sie einen Schluck ihrer Schokolade trank, um es zu verbergen, doch der Rumäne sah sie ohnehin nicht an, was sie mit leisem Bedauern feststellte. "Ahja", murmelte sie auf seine ersten Worte hin, ehe sie zu Reshabas Gründen leise seufzte. Ja, ihr bester Freund steckte in einer verdammten Misere. "Ja, ich weiß, was sie hierher geführt hat...deswegen habe ich ja nach einer Schwäche gefragt." Die Brünette kam gar nicht auf den Gedanken, dass Nate ihr Interesse an der Situation als Interesse an Dion auslegte.

Nate senkte den Blick und starrte auf seine Tasse. Klar. Deshalb brauchte sie eine Schwäche Reshabas. Weil sie deren Verlobten für sich haben wollte. "Weißt du, sie tut nichts Falsches, wenn sie ihn heiratet. Ihre Eltern haben es bestimmt und so ist die Reinbluttradition nunmal. Es gibt keinen Grund, ihr deswegen Böses zu wollen." Kaum zu glauben, verteidigte er gerade Reshaba Kosava? Fast hätte Nate über sich selbst den Kopf geschüttelt, doch dann schaute er stattdessen zu Joyce. "Außerdem kommst du an ihre Schwäche nicht heran."

Joyce schüttelte ihren Kopf und starrte das Meer unter sich an. "Die Kosavas haben die Angwohnheiten, ihre Kinder zu töten, wenn sie keine weißen Haare haben. Ansonsten bin ich nicht scharf darauf, dass eine fanatische Reinblutfamilie noch mehr Einfluss in der Welt gewinnt. Und ich will ihr persönlich nichts Böses, ich will nur diese unsinnige Hochzeit verhindern, damit beide Parteien glücklich werden können." Dion vielleicht mit Sayla oder sonst jemandem, der besser zu ihm passte, vielleicht Aurelia, und keine Kinder abschlachtete und Reshaba...naja, Reshaba war ihr eigentlich egal.

Nate seufzte leise und schloss die Augen. Er hatte viele Gerüchte über die Kosavas gehört, über ihr Schloss und ihre Gepflogenheiten. Ihm war auch bewusst, dass diese Familie auch mit ihrem eigenen Blut teilweise nicht anders als mit Fremden umging, wenn jemand sich einen Fehltritt erlaubte. Gerade deshalb wollte er nicht, dass Joyce sich einmischte, denn Reshaba würde sich hüten ihrer Familie Unannehmlichkeiten zu bereiten.
Damit beide Parteien glücklich werden konnten? Ein freudloses Lächeln erschien auf Nates Gesicht. "Reinblüter wie sie wachsen selten mit dem Ziel auf, glücklich in ihrer Ehe zu werden. Was ihre ... Traditionen angeht, wird ihr Verlobter sicher Mittel und Wege finden, sich mit Reshaba zu einigen. Immerhin wird sie das direkte Einflussgebiet ihrer Familie verlassen und eine Zabini werden." Merlin, wahrscheinlich hätte er mehr Mitgefühl zeigen sollen, aber Nate wollte einfach nicht! Joyce mit jemandem zusammen, der als Verlobter für Reshaba auserkoren worden war? Die beiden konnten einfach nicht zusammenpassen!

Joyce verdrehte die Augen. "Ja, das weiß ich auch. Und ja, sie würde nach Frankreich ziehen und über die Freunde ihres Verlobten den Einfluss ihrer Familie bis nach Großbritannien ausweiten. Und Squamish Kosava hat wohl kaum einen anderen Grund, sie hierher zu verheiraten. Und ich sehe es nicht ein, dass Kinder, die die dunkle Haarfarbe ihres Verlobten haben-" Joyce fiel in dem Moment auf, dass er Zabini gesagt hatte. Also wusste Nate, wer der Verlobte von Reshaba war. Gut, dann konnte sie Namen benutzen und nicht diese umständliche Umschreibung. "...dass die Kinder abgeschlachtet werden", nahm sie den Faden wieder auf. "Und es gab jemanden, der die Rolle der Miss Zabini seit Jahren erfüllen sollte und die Französin passt besser an Dions Seite. Reshaba...gefällt mir nicht. Außerdem ist diese Zwangsverbindung für keinen der beiden wirklich gut."

Nate lächelte spöttisch, als er von Squamish Kosavas Plänen hörte. Ambitioniert war das alte Kosava-Oberhaupt, das musste man ihm lassen. Aber eine einzige Familie konnte nur soviel Einfluss haben und nur soviel Macht kontrollieren. Wenn er sich zuviel herausnahm, würde er die Quittung dafür bekommen.
"Frankreich und Großbritannien haben beide ihre eigenen, sehr stolzen Reinblutlinien, die sich nicht einfach den Kosavas unterordnen werden. Dafür ist diese Familie zu ... dominant. Ich glaube nicht, dass Squamish Kosava große Chancen hat, und Reshaba wird sich auf Dauer dem Einfluss einer anderen Kultur und anderer Menschen nicht entziehen können. Was die Kinder betrifft, kann ich dir den Grund für dieses Verhalten leider nicht sagen, aber wenn du willst, rede ich noch einmal mit Reshaba." Eigentlich hatte ihm das letzte Mal gereicht, aber für Joyce würde er auch versuchen herauszufinden, was es damit auf sich hatte.
Als Joyce ein anderes französisches Mädchen erwähnte, schaute Nate sie endlich wieder an. Eine andere Verlobte? Das konnte doch nicht in Joyce' Sinn sein. "Oder er ist wieder ganz ungebunden, nicht wahr?", fragte Nate beiläufig nach.

"Es sagten auch alle, dass Voldemort keine Macht bekommen würde, er hat dann zwei Kriege angezettelt", warf Joyce zynisch ein, trank einen Schluck ihrer Schokolade und zog ein Bein an, um die Tasse auf dem Knie abstellen zu können. "Was die Kinder betrifft, kenne ich den Grund, es hat mit irgendwelchen Uralttraditionen zu tun, aber danke", winkte sie ab und runzelte bei seinen Worten zu Dion leicht die Stirn. "Er ist selten wirklich ungebunden, schließlich ist bei ihm eine Verlobung ohnehin unabwendbar, aber ich würde ihm gönnen, eine bessere Partie zu bekommen als Reshaba, wie Aurelia zum Beispiel." Oder Sayla, aber das konnte sie nicht laut aussprechen.

Um Nates Mundwinkel zuckte es kurz. "Ja, aber Voldemort war charmant, wortgewandt und gutaussehend, als er seine Anhänger um sich gescharrt hat. Sollte Squamish Kosava das je gewesen sein, hat er diese Phase leider nicht genutzt."
Der Gryffindor zuckte zum Thema Uralttraditionen mit den Schultern. Er war nicht böse, wenn er Reshaba nicht genauer fragen musste. Er hatte das dumpfe Gefühl, dass er das Interesse des Kosavamädchens sowieso schon zu sehr geweckt hatte. Bei Joyce' letzten Worten schaute er sie nachdenklich an. Aurelia? Joyce wollte Dion Zabini helfen, nur damit eine andere ihn dann haben konnte? "Du bist auch eine passende Kandidatin, nicht wahr?", fragte er vorsichtig nach.

"Ich will einen Squamish Kosava aber keinen Einfluss in Großbritannien haben lassen. Denn langsam aber sicher finde ich diesen Kerl gruselig", erklärte sie entschieden. Und sie wollte Dion helfen. Bei Nates nächsten Worten verschluckte sie sich allerdings an ihrer Schokolade und hustete einen Moment lang heftig, ehe sich ihr Körper wieder beruhigt hatte. Sie strich sich verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht und lachte leise über den Gedanken. "Ich und eine passende Kandidatin für Dion Zabini? Vom Status her vielleicht, aber ich passe nicht zu ihm. Ich will auch gar nicht zu ihm passen, mein Interesse ist rein freundschaftlicher Natur. Dion und ich sind seit der vierten Klasse befreundet, ich will ihm nur helfen und ihn darin unterstützen, diese Verlobung hinter sich zu lassen", erwiderte sie.

"Weil Familien wie die Malfoys ja putzige Zeitgenossen sind", neckte Nate, auch wenn er wusste, was Joyce meinte. Die Malfoys waren ein bekannter Faktor und egal wie mächtig sie auch waren, die Menschen hier konnten sie einschätzen. Allein durch die Ungewissheit wirkten die Kosavas schon bedrohlicher.
Als Joyce ihre Beziehung zu Dion Zabini klarstellte, bemerkte Nate, wie seine Stimmung mit jedem Wort ein wenig zu steigen schien. Sie waren nur Freunde.Joyce wollte weder etwas von ihm, noch war sie mit Throne zusammen. Verdammt, das sollte ihm einfach egal sein! Nate konnte aber nicht verhindern, dass er Joyce warm anlächelte. "Verstehe. Ich dachte, du hättest vielleicht ... andere Interessen, aber wenn das so ist ..." Ja, was dann? Nate schaute etwas verlegen wieder aufs Meer hinaus und räusperte sich.

"Ach, die Malfoys sind schon langweilig und altehrwürdig verstaubt", sie musste unwillkürlich erneut lachen. Sie leerte ihre Tasse und balancierte sie dann wieder auf ihrem Knie, aber seine nächsten Worte ließen sie aufhorchen und sie sah ihn fragend an. "Was ist, wenn das so ist?", hakte sie sanft nach. Warum war Nate eigentlich so interessiert an ihren Beziehungen? Der Meerwind zerzauste die langen Locken der Brünetten und sie fühlte sich beinahe in ihre Osterferien zurück versetzt, zu dem Zeitpunkt war sie das letzte Mal in Spanien gewesen.

Nate konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Sie haben doch gerade ein Kind hier auf der Schule, oder? Ich muss mir das unbedingt mal genauer anschauen und sehen, wie dick die Staubschicht ist." Aber besser nur von Weitem. Reinblüter wie die Malfoys weiteten ihre Kontakte tatsächlich gern aus und mit ein bisschen Pech kannte so eine Familie den Namen seines Urgroßvaters noch. Nathaniel hatte kein Interesse an ermüdenden Unterhaltungen mit einem traditionellen Reinbluterben. Reshaba hatte ihm vollkommen gereicht.
Als Joyce nachhakte, schüttelte Nate immer noch verlegen den Kopf. "Nichts, ich ... hatte mir nur Sorgen um dich gemacht, das ist alles. Hättest du Zabini auf andere Art gemocht und dich damit direkt mit Reshaba angelegt ... das hätte übel enden können." Die Ausrede war nicht perfekt, aber immerhin halbwegs schlüssig.

Joyce nickte. "Scorpius Hyperion Malfoy, ein ehemaliger Rebell und mittlerweile Reinbluterbe allererste Staubklasse - und in unserem Jahrgang", erzählte sie schmunzelnd und registrierte seine Verlegenheit bei seiner Antwort auf ihre Frage. Und tief in sich drin wusste sie auch, dass sie sich eine andere Antwort erhofft hatte. "Wieso machst du dir Sorgen um jemanden, den du kaum kennst?", rutschte es ihr heraus und wieder tauchte eine leichte Röte auf ihren Wangen auf, und sie richtete ihren Blick wieder auf das Meer.

Nate stöhnte resigniert. Der Junge war in seinem Jahrgang? Hoffentlich war Rumänien viel zu weit weg und viel zu unwichtig für britische Reinblutfamilien. Oder hoffentlich hatte sein Urgroßvater nicht soviel Erfolg dabei gehabt, seine Veelavorfahrin zu verstecken, wie er damals gehofft hatte.
Joyce' Fragen wurden nicht gerade angenehmer. Nate biss auf seine Unterlippe und kramte in dem Picknickkorb herum, nur um etwas zu tun zu haben. Er beförderte eine Schale mit Erdbeeren aus dem Korb hervor und reichte ihn Joyce, ohne sie anzusehen. "Ich hab dir schonmal gesagt, dass ich dich mag. Und ... keine Ahnung, ich habe nicht nachgedacht. Ich habe euch einfach auf dem Sofa gesehen, er ist dir zu nahe gekommen und dann hatte ich den Zauberstab in der Hand."

Joyce zog bei seinem Stöhnen fragend eine Augenbraue hoch und griff dann noch einmal nach der Thermoskanne, um ihre Tasse nachzufüllen, ehe sie ihn wieder ansah. Sie wandte sich ihm gerade passend zu, um die Schale mit der anderen Hand entgegen zu nehmen und ein sonniges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie stellte rasch die Tasse ab und hielt mit der nun freien Hand seine fest. "Du hast nur nicht gesagt, wie sehr", meinte sie sanft und überlegte noch einen Augenblick, wieder über die vorherigen Themen zu sprechen, aber diese Antwort war ihr viel wichtiger. Also hielt sie darüber den Mund und wartete ab, was er sagen würde, auch, wenn sie noch keinen Blick in seine Augen erhaschen konnte.