Nates Herz schien einen Moment lang aussetzen zu wollen, als Joyce ihm nicht nur die Schale abnahm, sondern seine Hand ergriff. Wann hatte das zum letzten Mal jemand gemacht? Und hatte es sich bisher je so angefühlt? Nate starrte auf ihre Hände und wagte es sich, Joyce anzusehen.
"Wie sehr?", wiederholte er mit belegter Stimme. Er versuchte, das Kribbeln in seiner Hand zu ignorieren, aber das war gar nicht so einfach. Ja, er mochte Joyce. Wahrscheinlich viel zu sehr. Nate dachte an Denisa und was sie mit seiner Mutter angestellt hatte. Der Gedanke ließ ihn zurückschrecken und er zog seine Hand schnell weg, um damit verlegen durch seine Haare zu streichen. "Joyce, wir ... sollten darüber nicht reden."

"Ja, wie sehr", bestätigte Joyce immer noch sanft und sah dann perplex, wie er ruckartig seine Hand weg zog. "Aber...warum?", hakte sie verständnislos nach, ehe sie rasch den Kopf schüttelte und sich abwandte, um die Schale aus der Hand zu stellen. Und um seinem Blick auszuweichen und ihm die Röte auf ihren Wangen nicht zu zeigen. "Entschuldige. Ich...ich hätte nicht fragen sollen." Ganz offensichtlich nicht. Auch, wenn das wohl die merkwürdigste Abfuhr war, die sie je bekommen hatte. Sie schloss ihre Hände um ihre Tasse und starrte aufs Meer hinaus.

"Weil es keine gute Idee ist", erwiderte Nate tonlos und starrte in seine Kakaotasse. Er wollte sich so gern entschuldigen und Joyce sagen, dass sie wundervoll war und er liebend gern anders gehandelt hätte, aber dann hätte sie eine Erklärung gewollt.
Als Joyce sich entschuldigte, schüttelte Nate nur stumm den Kopf. Am liebsten hätte er die Frage zurückgegeben. Mochte Joyce ihn etwa auch? Warum sonst hätte sie nachfragen sollen?
"Ich ... es tut mir leid, Joyce", war aber das Einzige, was Nate herausbekam. Sein Griff um die Tasse verstärkte sich und seine Lippen pressten sich zu einer dünnen Linie zusammen. Verdammt! Wenn Denisa nicht wäre, hätte er ganz anders reagieren können!

"Muss es nicht", erwiderte Joyce unverändert freundlich, doch ihr Lächeln war verblasst. Sie vermied es, ihn anzusehen und griff stattdessen nach einer Erdbeere, tunkte sie in ihre Schokolade und rührte damit darin herum, grübelte darüber nach, was sie sagen sollte. "Du...du meintest, du wüsstest nicht, was ich mag. Willst du es denn wissen? Oder willst du sonst etwas wissen?" Sie wollte dieses Schweigen brechen, bevor es unangenehm wurde. Und wenn er nicht über sich sprechen wollte...Joyce hatte eigentlich kein Problem damit, etwas über sich preis zu geben.

Nate hätte ihr gern widersprochen, aber er ließ es und warf Joyce nur einen flüchtigen, bedauernden Blick zu, ehe er wieder auf seine Tasse schaute. Am liebsten wäre er einfach gegangen und hätte möglichst viel Abstand zwischen ihn und das Mädchen gebracht, das ihm gerade mehr Kopfzerbrechen bereitete als Denisa.
"Klar will ich es wissen", erwiderte Nate auf Joyce' Frage hin, ohne groß darüber nachzudenken und lächelte dann etwas gequält. "Also ... wenn du es mir noch sagen willst, sehr gern."
Warum stand sie eigentlich nicht auf und ging einfach? Warum saß sie noch hier bei ihm? Nate würde sich nicht beschweren, aber seine Reaktion war nicht gerade ermutigend gewesen.

Er wollte etwas über sie wissen, aber sie wollte er nicht. Joyce spürte, wie sich eine tiefe Traurigkeit in ihr Herz schleichen wollte, doch sie verdrängte es und blieb der Sonnenschein, der mit seiner Ausstrahlung ganze Räume erleuchtete. Normalerweise jedenfalls eventuell. "Ich mag Sonne und Wiesen und Wälder, ich liebe es, draußen herum zu streifen. Ich mag den Strand und das Meer, wie wohl unschwer zu erkennen ist", mit einem leichten Lächeln, das erst auf den zweiten Blick gezwungen wirkte, deutete sie auf die Umgebung. "Ich bin ein Fan von heißer Schokolade, ich mag meine Freunde und stehe für sie ein, ich mag Erd- und Blaubeeren und im Winter sitze ich gern lesend auf dem gemütlichen Teppich vor dem Kamin im Gemeinschaftsraum", erzählte sie frei heraus, sah ihn aber nicht wirklich an, sondern behielt das glitzernde Meer im Auge.

[So, jetzt bin ich tatsächlich weg. Bis morgen :*]

Nate lauschte Joyce' Worten aufmerksam, aber er konnte sich nicht zu einem Lächeln durchringen. Er mochte, was Joyce sagte. Er mochte sie. Sein Blick glitt zu ihrer Hand und er dachte daran, wie gern er einfach danach gegriffen hätte, um das Kribbeln auf seiner Haut wieder zu spüren. Zum Glück schaute Joyce ihn sowieso nicht an und ihr fiel der sehnsüchtige Blicke nicht auf. Nachdem Joyce geendet hatte, räusperte Nate sich und schaute wieder betreten in seine Tasse. "Das klingt gut", murmelte er und fragte sich unwillkürlich, ob er wohl zu ihren Freunden gehörte ... oder gehört hatte. Bis gerade eben. "Hey, da habe ich ja die richtigen Früchte erwischt", versuchte er möglichst munter das Thema zu wechseln.

Sie starrte immer noch aufs Meer hinaus und rührte mit der Erdbeere in ihrer Tasse herum, die gleich wahrscheinlich mehr nach Schokolade schmeckte als nach Erdbeere. Sie lächelte matt bei seinem Kommentar und öffnete schon den Mund, um ihn nach dem zu fragen, was er mochte, überlegte es sich dann aber anders. Schließlich sprach er nicht gern über sich selbst. "Ja, hast du wohl", murmelte sie, ehe sie leicht grinste. "Oder die klugen Hauselfen haben geahnt, was du vorhattest und den Korb dementsprechend gepackt."

Nate stand auf und klopfte sich den Sand vom Umhang. Er war zu unruhig, um noch still neben Joyce sitzenzubleiben. "Ja, vielleicht auch das", gab er zu und lächelte dann matt. "Wenn ja, sind es ziemlich kluge Hauselfen. Ich habe ihnen nämlich nicht gesagt, wofür ich den Picknickkorb brauche." Andererseits, was konnte man mit Erdbeeren schon falsch machen? Schade, dass er in anderen Dingen nicht soviel Glück gehabt hatte. "Wollen wir an den Strand gehen?", fragte Nate und hielt Joyce wider besseren Wissens die Hand hin, um ihr aufzuhelfen. Es war eine dumme Ausrede, um noch einmal ihre Hand zu halten, und wahrscheinlich würde sie ablehnen, aber Nates Verstand war leider etwas langsamer als sein Mund gewesen.

"Sie haben uns zusammen gesehen und dann vielleicht ihre eigenen Schlüsse daraus gezogen", schlug sie nachdenklich vor und aß die gepeinigte Erdbeere endlich. Nates Vorschlag überraschte Joyce und sie blickte einen Moment lang unsicher zu ihm hoch, zögerte für einen Moment. Wollte sie sich noch eine Abfuhr einhandeln? Trotzdem stellte sie ihre Tasse ab und nahm nach einem weiteren kurzen Zögern doch seine Hand und ließ sich hoch helfen.

Ihre eigenen Schlüsse gezogen ... Hatten sie so vertraut gewirkt? Eigentlich hatten Nate und Joyce nur einmal da unten gesessen und geredet. Joyce zögerte eine ganze Weile, aber schließlich nahm sie seine Hand. Der Gryffindor schenkte ihr ein erleichtertes, warmes Lächeln und zog sie sanft hoch. Er sollte das nicht tun, vor allem nicht nach Joyce' Frage eben, aber Nate konnte nicht anders. Er mochte das Gefühl sie nahe zu haben und ein paar Minuten würde er sich doch gestatten dürfen? Nate schaute kurz auf Joyce' Hand in seiner, dann lächelte er sie matt an. "Also los."

Er war so sanft, dass ihr Unverständnis über seine Reaktion eben nur noch mehr wuchs. Mal tat er, als bedeute sie ihm etwas, dann wieder wies er sie von sich. Die Brünette wie aus diesem Spielchen nicht schlau, nahm es aber kommentarlos hin und erwiderte sein Lächeln leicht gezwungen. "Gern", murmelte sie und führte ihn zu dem kleinen Pfad, darauf bedacht, seine Hand nicht zu sehr fest zu halten, damit er sie jederzeit wieder wegziehen konnte - Sonne Reaktion mit der sie beinahe fest rechnete und die sie bedauern würde.

Joyce' Lächeln war nicht das übliche, sonnige Lächeln, das sie ihm schon das ein oder andere Mal gezeigt hatte. Aber immerhin lächelte sie ihn überhaupt an. Nachdem er so abweisend reagiert hatte, konnte Nate eigentlich nicht mehr erwarten.
Sie ließ seine Hand nicht los, als sie gemeinsam den Weg hinunter zum Strand gingen. Nate brachte es nicht über sich, seine Finger von ihren zu lösen, also tat er so, als würde er gar nicht bemerken, dass er ihre Hand noch hielt. Es fühlte sich gut an und der Gryffindor wäre fast der Versuchung erlegen, sich für ein paar Minuten einfach einzubilden, dass er Joyce nicht abweisen hatte müssen. Seine Finger streichelten unbewusst über ihre und Nate brachte kein Wort heraus. Was hätte er gerade auch sagen sollen?

Es erstaunte sie, dass er seine Hand nicht wieder ruckartig weg zog. Fast freute sie sich darüber, doch in ihr nagten Zweifel, wie lange er das Spielchen jetzt wurde aufrecht erhalten wollen. Denn mehr schien es ja nicht zu sein. Waren eigentlich alle Jungen so kompliziert, wenn man etwas von ihnen wollte? Eine Gänsehaut kroch ihren Arm hinauf, als er begann, über ihre Finger zu streicheln. Schweigend legte die Brünette den Weg zum Strand zurück, während sie Natrs Hand hielt und blieb schließlich am Wasser stehen

Nate blieb ein paar Sekunden schweigend neben Joyce am Strand stehen und schaute auf das Wasser, ohne das Mädchen neben ihm anzusehen. Seine Hand behielt er allerdings in ihrer, bis er beschloss, dass er keine Sekunde länger so stehenbleiben und die Anspannung aushalten konnte. Nate ließ Joyce los und bückte sich, um seine Schuhe auszuziehen und die Hosen ein wenig hochzukrempeln.
"Kommst du mit?", fragte er Joyce, trat aber schon in die ersten Ausläufer der Wellen und ließ seine Füße umspülen. Die Kälte tat gut. Nate drehte sich zu der Gryffindor um und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch als ihm bewusst wurde, was er sagen wollte, presste er seine Lippen schnell wieder aufeinander und streckte nur die Hand nach ihr aus.