Nathaniel lächelte und ließ sich wieder ins Gras fallen, das nun ein bisschen auf seiner Haut kitzelte. Dass Joyce ihn beobachtete, machte ihm nichts aus. Er war unsicher im Umgang mit Menschen, litt aber grundsätzlich nicht unter fehlendem Selbstbewusstsein.
"Schon wieder nett? Ich scheine ja wirklich ein ganz nettes Kerlchen zu sein", scherzte Nathaniel und wandte seinen Blick schmunzelnd wieder Joyce zu. "Freut mich jedenfalls, dass ich dich zufriedenstellen konnte", fügte er mit einem frechen Blick hinzu, dieses Mal bewusst zweideutig. Eine kleine Stimme in seinem Kopf warnte ihn, dass er eindeutig zu weit ging, aber gerade fühlte es sich einfach viel zu gut und so absolut nicht falsch an.

"Das wollte ich damit in der Tat verdeutlichen", versicherte Joyce ihm schmunzelnd und zwinkerte ihm zu. Der freche Blick von ihm und seine zweideutige Aussage ließen wieder eine sanfte Röte auf ihren Wangen erscheinen, die ihr Gesicht aber gerade nur lebendiger wirken ließ. "Für den Moment", antwortete sie kokett und lächelte warm, während sie nicht widerstehen konnte, seinen Oberkörper noch einmal kurz zu betrachten, ehe sie sich wieder ganz auf den Rücken sinken ließ, sein Hemd noch immer in den Händen, und den Blick erneut auf die Peitschende Weide richtete.
"Du sagst, du warst noch nicht in Irland, warst du denn schon irgendwo anders außer in Rumänien und Amerika?", versuchte sie ein neues Gespräch in Gang zu bringen.

"Das will doch jeder Mann hören. Hey, du bist ein nettes Kerlchen!", scherzte Nathaniel. Er scherzte und witzelte heute oft. Der Siebtklässler hatte gar nicht mehr gewusst, dass er das konnte. Mit seinem Großvater und seiner Mutter hatte er häufig herumgeplänkelt, aber nie mit Gleichaltrigen. Nie mit einem Mädchen wie Joyce. Aber so schlecht schien er sich nicht anzustellen. Sie wurde schon wieder rot und Nathaniel genoss den Anblick. Sie sah gerade so hübsch aus, aber daran sollte er sich nicht zu sehr gewöhnen. So gern Nathaniel sie häufiger zum Erröten gebracht hätte, er sollte das nicht.
Und dann auch noch dieses Lächeln! Nathaniel musste wieder schlucken, erwiderte das Lächeln dann aber möglichst unbefangen. Zum Glück war Joyce gerade eh damit beschäftigt, seinen Körper zu betrachten. "Damit kann ich mich ja fürs Erste zufriedengeben", befand er und zwang sich dann, wieder die Augen zu schließen. Joyce' Bild verschwand dadurch leider nicht vor seinem inneren Auge. "Ich kenne noch Norwegen, England und Amerika", zählte er auf. "Was ist mit dir?"

"Ich wüsste nicht, was ihr sonst hören können wolltet", meinte sie betont unschuldig, aber ein Lachen schwang in ihrer Stimme mit. Die Röte auf ihren Wangen verblasste langsam wieder, aber das Lächeln blieb, als er meinte, er würde sich fürs Erste damit zufriedengeben. Offenbar bestand ja tatsächlich noch Hoffnung für den Griesgram.
Sie bemerkte nicht, dass er schluckte, ehe er ihr Lächeln erwiderte. Sie musterte ihn von der Seite, nachdem er die Augen wieder geschlossen hatte und überlegte dann einen Augenblick, wo sie überall schon gewesen war. "Ich kenne natürlich England und Schottland, dann war ich noch in Frankreich und in Spanien", erwiderte sie. Schließlich stammten die Eltern ihrer Mutter noch aus Spanien.

"Da gäbe es schon das ein oder andere", versicherte Nathaniel. Aber woher sollte er wissen, was Männer gern von Frauen hörten? Er hörte meistens am liebsten gar nichts. Das machte das Leben ungemein leichter, wenn auch tatsächlich etwas einsam.
"Frankreich und Spanien. Das sind schöne Länder, soweit ich weiß", murmelte er. Nathaniel hatte lang überlegt, ob er Hogwarts oder Beauxbatons für dieses Jahr wählen sollte. Aber Frankreich hatte keine Vergangenheit, von der er sich viel versprach.
Nathaniels Gedanken wanderten wieder zu den Büchern, die nun neben ihm lagen. Hoffentlich fand er etwas, das ihm half. Dann konnte er irgendwann Momente wie diese genießen, ohne Denisa im Hinterkopf zu haben.

"Achja? Und was?", hakte Joyce interessiert und amüsiert zugleich nach und musste unwillkürlich an die Lilien in ihrem Schlafsaal denken. Sie musste Dion noch erwischen, Blumen zum Schulanfang. Wenn sie ihn dann endlich mal sah, würde das bestimmt lustig werden.
"Ja, das sind schöne Länder, aber Norwegen soll auch schön sein, wenn auch sehr rau", meinte sie lächelnd und musterte ihn dann fragend, als er wieder stiller wurde. "Alles okay?", erkundigte sie sich leise und das Lächeln verbrachte.

Nathaniels Mundwinkel hoben sich leicht. Natürlich fragte sie nach. "Du bist ganz schön neugierig, weißt du das?" Hoffentlich nicht zu neugierig. Inzwischen war ihm trotz des freien Oberkörpers schon wieder warm und er hatte ernsthaft Lust in den See zu springen, den er vorhin gesehen hatte. "Euer See ist nicht zufällig zum Schwimmen freigegeben?", fragte er Joyce beiläufig, ohne die Augen zu öffnen.
Was Norwegen anging, zuckte Nathaniel mit den Schultern. "Schön ist es, aber nichts für Menschen, die die Wärme lieben. Außerdem ist Durmstrang nicht gerade der charmanteste Ort." Auf Joyce' Frage hin nickte Nathaniel und zwang sich zu einem kleinen Lächeln. "Hm, alles bestens."

"Ja, weiß ich, aber das ist keine Antwort auf meine Frage, Nathaniel", schmunzelte Joyce und sah ihn auffordernd an, wollte, dass er mit der Sprache heraus rückte. Als er den See ansprach, nickte sie bedächtig. "Doch...genau genommen ist er das...aber ich würde weder zu tief tauchen, noch zu weit hinaus schwimmen. Aber die Bucht am Ufer ist klasse und von den etwas entfernter liegenden Felsen ist auch noch alles super, da kann man gut runter springen...nur diese unsichtbare Grenze solltest du nicht unbedingt überschreiten, da könnten...unangenehme Begegnungen auf dich warten", erklärte sie nachdenklich, ehe sie ihm aufmerksam wegen Norwegen zuhörte. "Wie ist Durmstrang so? Auch, wenn es jetzt nicht der charmanteste Ort ist?" Ja, vermutlich war sie tatsächlich zu neugierig. Egal.
Sein Lächeln auf ihre Nachfrage wirkte auf sie allerdings gezwungen, doch sie beschloss, nicht noch einmal nachzuhaken. Egal was es war, er wollte ganz offensichtlich nicht, dass sie es wusste und das respektierte sie. Jeder hatte ein Recht auf Geheimnisse.

"Nate, wenn du willst", korrigierte er seinen Namen. Eigentlich mochte Nathaniel seinen vollen Namen, aber außer seinem Großvater hatte ihn nie jemand so angesprochen. Es klang einfach ziemlich förmlich.
Der See klang nach einer tollen Idee. Als Joyce allerdings von unangenehmen Überraschungen sprach, öffnete er seine Augen udn wandte den Kopf leicht in ihre Richtung. "Was genau könnte mich im See denn überraschen?", hakte er nach und ignorierte dabei gekonnt, dass er ihre erste Frage noch immer nicht beantwortet hatte. Dafür erzählte er ihr von Durmstrang.
"Durmstrang ist eine Art Burg, aber nicht von der romantischen Sorte. Sie liegt in einer ziemlichen Einöde, wodurch wir größere Ländereien als Hogwarts haben. Die Schule selbst hat vier Stockwerke und ist ziemlich kalt und dunkel. Der Unterricht ist nicht schlecht. Alles geht sehr diszipliniert zu. Aber der Umgangston unter den Schülern ist etwas rauer als hier."
Und auch wesentlich rauer als er in Amerika gewesen war. In Durmstrang war es vergleichsweise leicht gewesen, der Außenseiter zu sein. In die Machtspielchen einiger Mitschüler hatte er sich sowieso nie einmischen wollen.

Joyce nickte zu der Korrektur seines Namens und verkniff sich ein Seufzen und eine weitere Nachfrage, was er denn stattdessen hören wollte und wandte den Kopf wieder von ihm ab, schloss ihre Augen und versuchte, die Sonne auf ihrer Haut zu genießen. Sie bemerkte nicht, dass er sie wieder ansah, antwortete aber bereitwillig auf seine Frage. Im tieferen Wasser leben ein Riesenkrake und Wassermenschen", erklärte sie und hörte ihm dann zu, wie er von Durmstrang erzählte. "Klingt tatsächlich nicht unbedingt nach einer netten Umgebung." Jedenfalls nicht für Menschen wie sie.

Ein Riesenkrake und Wassermenschen? Das war Nathaniel neu, aber es klang interessant. "Ich werde mir den See bei Gelegenheit mal anschauen." Wenn die Sonne ihn gefühlt in ein gut durchgebratenes Hähnchen verwandelt hatte zum Beispiel. Fürs Erste drehte er sich einfach auf den Rücken und gönnte der warmen Haut an seiner Brust und seinem Bauch so eine Pause.
"Durmstrang ist Gewöhnungssache. Einigen Schülern von dort würde Hogwarts auch nicht gefallen", vermutete Nathaniel und legte seinen Kopf so, dass er Joyce weiterhin anschauen konnte. Bald sollte er gehen, das wusste er. Aber fürs Erste blieb Nathaniel liegen und genoss den Moment.

tbc Zeitsprung

"Solltest du", empfahl Joyce, hielt aber ihre Augen geschlossen und lauschte dann seinen weiteren Worten über Durmstrang. Sie fühlte seinen Blick auf sich liegen, doch sie öffnete die Augen nicht, faltete so sein Hemd zusammen und legte es unter ihren Kopf. Glaubte er eigentlich, dass er es wieder bekam? Sie hatte nämlich eigentlich nicht vor, es wieder her zu geben...sie mochte es, Klamotten von Jungs anzuziehen, meistens waren das zwar die ihrer Partner, aber gegen dieses Hemd hatte sie ganz sicher auch nichts einzuwenden.

tbc. Zeitsprung

cf: Hogwarts - Kerker - Gang vor dem Slytheringemeinschaftsraum

Reshaba spürte etwas. Nicht nur seine Vorfreude auf die Jagd, die immer greifbarer zu werden schien, sondern noch etwas anderes. Sie drehte sich immer wieder zum Schloss um und schien nach etwas zu suchen. Vielleicht die Person, deren Anwesenheit sie unwillkürlich spürte, vielleicht auch ihr erstes Opfer. Der Wendigo ließ sie suchen. Seine Sinne waren in Schattengestalt nur mäßig zu gebrauchen und sie schlug grob den Weg ein, den er selbst vorhatte zu gehen. Immer in Richtung Wald. Als sie unter der Peitschenden Weide entlanggegangen waren, entschied Raban, dass es langsam Zeit wurde, den Spaß aktiv mitzumachen. Außerdem konnte er seinen Geruchssinn langsam wirklich gebrauchen. Die Nasen von Menschen waren ein schlechter Witz! Geräuschlos stieg der Wendigo aus Reshas Schatten und stand nun in ihrem Rücken. "Sehr nett von dir, mich mit nach Draußen zu nehmen", sagte er leise und setzte ein arrogantes Grinsen auf.